Corona-Tagebuch: Teleosterfeuer

Die Kurve flacht inzwischen für jeden erkennbar deutlich ab. Die grünen Flächen in den Kreisen werden immer größer und in allen deutschen Ländern sieht man erfreulich viel davon, während in verschiedenen Nachbarländern sehr viel schwarz zu sehen ist.

Auch wenn man nie so genau weiß, ob das jetzt an wahnsinnig guter Arbeit oder verschiedenen Zählweisen liegt, beneidet uns der Rest der Welt offenbar etwas darum, dass wir offenbar viel richtig machen. Wenn man jetzt noch genau ermitteln könnte, was wir denn richtig machen, könnten alle sogar daraus lernen. Aber was diese ganze Geschichte eben bisher auch gezeigt hat ist, dass Vergleichbarkeit äußerst schwierig ist und man jeden Vergleich sehr vorsichtig anstellen muss.

Ostern steht vor der Tür und somit wird es Samstag nicht das übliche Telebier, sondern ein Teleosterfeuer geben. Wie das konkret aussieht, entscheidet jeder selbst. Auch eine Kerze ist ja ein kleines Feuer.

Immer öfter taucht hier und da die Frage auf, ob und wenn ja was denn von diesem ganzen Wahnsinn bleiben wird, bestenfalls positiver Natur. Digitalisierung und Home Office möchte man da eigentlich sehen. Wäre cool.

Das um sich greifende Home Office hat zum Beispiel dazu geführt, dass man aktuell echt gut mit der Bahn nach Hamburg fahren kann, selbst zu ehemaligen Stoßzeiten. Es fährt kaum jemand mit der Bahn und da auch der sonstige Verkehr, insbesondere der für Güter deutlich geringer geworden ist, sind die täglichen Zugausfälle einfach mal nicht da und es gibt auch sonst nur selten Verspätungen. Für uns hier funktioniert die Bahnanbindung also zum ersten Mal seit Jahrzehnten so wie sie mal gedacht war. Auch dank Home Office.

Seit aber alle Welt sich per Videokonferenz trifft, fällt vielen ebenfalls zum ersten Mal auf, dass der Upload wohl doch nicht komplett irrelevant ist – in einer Welt, in der die Telekom allein mit hohen Downloadzahlen wirbt und der Upload künstlich niedrig gehalten wurde, wird das zu einem Problem. Bei verschiedenen Videokonferenzen hatte ich bereits den Eindruck, dass es da bei einigen etwas hapert. Kann aber auch der allgemein mangelhafte Netzausbau in diesem Land sein, wo man digitale Infrastruktur nach wie vor nicht als Infrastruktur begreifen will, sondern als überflüssigen Luxus, weil man ja schließlich Telefon und Fax hätte, was bestens funktioniert. Vielleicht verändert ja hier Corona etwas an der allgemeinen Sichtweise darauf.

Dass kommunale Parlamente nicht tagen online dürfen, wäre ein anderes Beispiel, wo die Krise die Chance zur Verbesserung bietet. Ich plane dazu einen entsprechenden Antrag. Knackpunkt wären natürlich Beschlüsse, für die müsste man sich in jedem Fall treffen. Gut, es gäbe sicher Möglichkeiten, auch sowas online zu fassen. Da ich aber vehementer Gegner von Computerwahlen bin, werde ich Beschlüsse komplett ausklammern. Wenn es unbedingt gewollt ist, sowas zu machen, sollen andere das da rein schreiben.

Parteiarbeit online haben wir nun auch mehrfach ausprobiert und uns zur Videokonferenz getroffen. Das funktioniert durchaus und wir überlegen, das auch in Zukunft irgendwie zu integrieren. Ich bin ja schon lange der Meinung, dass man nicht für jeden Scheiß kreuz und quer durch Stadt oder Kreis fahren muss und viel Online machen könnte. Wir erwägen auch die Möglichkeit der Online-Schalte für Gäste per Videokonferenz bei normalen Stammtischen. Dürfte technisch spannend werden, vor allem des Tons wegen aber die Idee ist gut!

Was noch fehlt ist ein Bericht meines Star-Wars-Abends mit der Freundin. Also ja, ein Videoabend mit physischer Präsenz am gleichen Ort ist natürlich schöner. Und wenn es hier nicht einfach nur darum gegangen wäre, dass sie diese Filme einfach noch nie gesehen hat, ich hingegen oft genug, wäre das auch eine ziemlich bekloppte Idee gewesen. Es war interessant und nett, weil man sich dabei unterhalten konnte. Wir haben es sogar hinbekommen, den Ton fast perfekt synchron zu kriegen. Trotzdem war es irgendwie kein echter Filmgenuss, weil man ständig den eher geplärrten Sound aus den Laptopboxen hatte, zusätzlich zum Satten Sound aus der an den Fernseher angeschlossenen Anlage. Es reicht, um der Geschichte zu folgen aber es reicht nicht, einen Film mit all seinen Effekten vernünftig genießen zu können. Aber immerhin haben wir den Film gemeinsam geguckt. Auf eine Art und Weise, die wir nie vergessen werden. Ich rate trotzdem von Nachahmung ab. Beziehungsweise könnte man sowas vielleicht schon machen – aber ohne Videokonferenz und dafür mit schriftlicher Nebenbei-Kommunikation. Dann kriegt man einfach etwas mehr mit vom Film. In unserem Fall ging es alleridings sowieso mehr ums „Zusammen“ als um den Film selbst.

Kurzes Update noch zum Projekt Omabesuchen 2.0: Der Apparat ist da, funktioniert auch gut. Als Problem stellt sich jetzt aber dar, dass ich zwar vorab Omas WLAN-Schlüssel eintragen kann und sich die Kiste vor Ort auch automatisch einwählen wird. Leider fragt sie anschließend nach meinem Amazon-Passwort. Das ich natürlich nicht auf Papier schreiben, geschweigedenn irgendwem (und sei es nur Oma oder das Personal der Einrichtung) geben möchte. Vor allem aber glaube ich nicht, dass meine Oma mein relativ komplliziertes, mit Sonderzeichen, Groß- und Kleinbuchstaben und Zahlen gespicktes Passwort da überhaupt eingegeben kriegt.

Plan B ist nun, dass ich ihr einen eigenen Amazon-Account anlege. Ja, natürlich könnte ich auch gucken, ob die mich mit Mundschutz und was weiß ich alles da reinlassen. Ich möchte das nicht. Ich möchte einfach ausschließen, der Idiot zu sein, der da irgendwas einschleppt, was traurige und frustrierende Schlagzeilen, wie wir sie aus verschiedenen Orten bundesweit lesen mussten, nach sich zieht. Es muss also anders gehen. Und wird es auch, irgendwie.