Corona-Tagebuch: Söderfail

Markus Söder streitet sich offenbar mit Karl Lauterbach um den Titel „Deutschlands nervigster Covidiot“. Da kann Söder aber dieser Tage mit zwei neuen Ideen etwas Boden gut machen.

Zum einen liest man, dass er jetzt eine Impfpflicht für Pflegekräfte will. Ungeachtet dessen, dass ich persönlich auch kein Verständnis dafür habe, wenn gerade Altenpfleger auf eine Impfung verzichten, ist diese Forderung vor allem ein Konjunkturprogramm für die Impfgegner von der Querdenkerbewegung. Denn wer esoterisch genug ist, der Impferei kritisch gegenüberzustehen, der kann ja kaum anders, als auf so eine Forderung mit noch größerer Impfskepsis zu reagieren.

Der noch grandiosere Fail ist aber die soeben verkündete FFP2-Masken-Pflicht.

Jetzt, wo sich alle mit den seit fast einem Jahr befohlenen „Alltagsmasken“ eingedeckt haben (es wurde sogar davor gewarnt, FFP2-Masken zu kaufen, weil die dann dem medizinischen Personal und unseren Alten und Kranken fehlen würden), erklärt man sie für nutzlos.

Kannste dir nicht ausdenken.

Unstrittig ist, dass diese Masken sinnvollen Schutz bieten, während Alltagsmasken eben vor allem die Mitmenschen schützen.

Allerdings sind die eben teuer und normalerweise Einweg. Wer schulpflichtige Kinder hat, der muss dann pro Kind ein paar Euro pro Tag für diese Masken ausgeben. Falls eine nicht reicht (was nicht unrealistisch ist), auch ein paar Euro mehr.

Man kann das natürlich machen. Vielleicht kann sich Familie Söder auch die 5-10 Euro am Tag leisten, die sowas kostet. Aber die breite Masse wird man damit eher frustrieren und befremden. Ein weiterer Vorschlag aus den Elfenbeintürmen der Republik – von denen in München offenbar einer der höchsten überhaupt zu finden ist.

Hier am anderen Ende der Republik sinkt unterdessen die Inzidenz von einem Tag auf den anderen von 106 auf 90. Solche drastischen Rückgänge in kürzester Zeit haben wir bei den beiden vorigen Sägezähnen auch schon gesehen. Wirft für mich jedes Mal ein bisschen die Frage auf, wie sinnvoll dieser überbesorgte Blick auf die Inzidenzen eigentlich ist. Aber was solls, ein Indikator für die gegenwärtige Entwicklung ist er ja in jedem Fall.

Die Entwicklung ist also eher positiv. Die Zahl der aktuell Infizierten ist auch den zweiten Tag in Folge rückläufig.

Aber was heißt das schon? Sind immer nur Momentaufnahmen. Wir sind immer noch bei einem Wert, der höher ist als vor dem aktuellen Lockdown.

Und dabei hat die neue Virusvariante hier noch gar nicht richtig losgelegt. Dass sie es tun wird, gilt als Sicher.

In Irland schlägt die Mutation derzeit ein, wie eine Bombe:

Die Bundesregierung hat schonmal verkündet, dass harte Wochen bevorstünden.

Kommt mir bekannt vor. Nach dem härtesten Weihnachten seit Kriegsende, nach dem aber zunächst alles hätte besser werden sollen, folgen nun also wieder mal „harte Wochen“. Acht bis zehn an der Zahl, bis Ostern quasi.

Ostern ist Anfang April. Ich erneuere meine Prognose aus dem vergangenen Oktober, dass der aktuelle Lockdown bis Ende März gelten wird.

Und füge die Option auf den kompletten restlichen April an. Das hängt dann wohl davon ab, ob sich die neue Variante des Virus durch unseren Lockdown behindern lässt oder eben nicht. Vielleicht sollte man sich mal ansehen, welche Regeln aktuell in Irland gelten und daraus entsprechende Schlüsse ziehen.

Ich konnte leider nicht rausfinden, wie das dort jetzt eigentlich ist, bzw. ist es mir den Aufwand grade nicht so richtig wert (ich hoffe stark, dass die Regierung ihn dennoch leistet) aber was ich finden konnte, war ein Fernsehbeitrag von Ende November, in dem Irland als supervorbildlich gelobt wird.

Naja. Deutschland galt ja bis vor einigen Monaten auch als supervorbildlich, während Israel als Katastrophe dastand. Letzteres gilt von den Infektionszahlen her eigentlich immer noch – allerdings impft Israel seine Bürger sehr konsequent, so dass das dort wohl bald anders aussehen wird und dann hätte sich das Bild umgekehrt.

All das zeigt, dass es schwierig ist, mit klaren Aussagen zum Thema, wer gut dasteht und wer nicht. Was etwas misslich ist, denn so Meldungen wie „aber wenigstens ist es hier nicht so schlimm wie in XY“ sind im Prinzip schon das einzig Positive, was man in dieser Krise überhaupt zum Thema Corona formulieren kann.