Die Politik steckt ja in diesen Zeiten durchaus voller Überraschungen. Kurz vor Ostern zaubert sie eine „Osterruhe“ aus dem Hut, zwei Tage später hat sie dann doch noch mal mit Leuten gesprochen, die vom Fach sind und meinten also wenn man einen Feiertag einführen will, kann man das schon machen, muss aber das Parlament dies beschließen lassen. Ups, wie unangenehm. Aber konnte ja keiner ahnen, dass Volkes Stimme dabei ein Wörtchen mitzureden hat.
Kurz nach Ostern, zu einem Zeitpunkt, zu dem wir 22 Wochen lang den für vier Wochen angekündigten Lockdown genießen durften, kommt Kanzlerkandidat Laschet um die Ecke mit einem „Brückenlockdown“, der jetzt unbedingt nötig sei. Was das sein soll, habe nicht nur ich nach wie vor nicht verstanden, vermutlich werden wir es nie erfahren weil Herr Laschet für diesen Geniestreich dermaßen viel Hohn und Spott geerntet hatte, dass man nie wieder was von seiner lustigen Brücke gehört hat.
Der nächste Clou folgte heute, denn es wurde verkündet, dass die für Monat angesetzte lustige neue Pokerrunde um die nächsten Verbote wohl ausfällt. Über die Gründe herrscht ein eher konfuses Bild. Zum Einen würde Uneinigkeit herrschen, zum anderen sei man sich einig, dass die Regeln jetzt bundesweit einheitlich zu sein hätten.
Dass die Situation sehr weit davon entfernt ist, bundesweit einheitlich zu sein, irritiert offenbar zumindest bei der Bundesregierung niemanden. Zuletzt hatte ich zumindest von meiner eigenen Landesregierung den Eindruck, dass ihr diese Unterschiede zunehmend bewusst werden und es folgten dann ja auch diese ganzen Dinge wie die Modellkommunen, es gelten regionale Notbremsen bei unterschiedlichen Inzidenzen und so weiter und so fort. Ich will gar nicht behaupten, dass das alles jetzt schon optimal und sinnig sei. Aber es ist jedenfalls deutlich näher an dem dran, was ich mir da sinnvollerweise vortellen würde, als alles, was vorher so beschlossen wurde. Denn es kann nunmal nicht sein, dass das ganze Land darauf warten muss, bis in Hannover City die Infektionen dann auch endlich mal zurückgehen, während man andernorts zwischen null und fünf Infizierte in den Landkreisen findet.
Und insofern betrachte ich mehr Einheitlichkeit erstmal als potenziellen Anschlag auf die wenigen Freiheiten, die wir theoretisch grade genießen können (praktisch habe ich persönlich gar nichts von dem bisschen, was dann geht aber ich beurteile die Lage ja auch nicht nur mit Blick auf meinen kleinen Tellerrand, sondern versuche es schon etwas grundsätzlicher zu sehen).
Was aber auch witzig ist: Nach dem grandiosen Osterruhe-Debakel der letzten Pokerrunde im Kanzleramt, scheint man nun, nach lediglich 13 Monaten Pandemie endlich mal die eigene Arbeitsweise ein wenig zu hinterfragen und allen voran die blödsinnigen Konferenzen der Ministerpräsidenten in der Form, wie sie bisher immer veranstaltet worden sind.
13 Monate Pandemie und schon kommt man auf die Idee, dem gesunden Menschenverstand eine Chance zu geben. Jedenfalls ist das erstmal meine optimistische Prognose – wie vernünftig das am Ende wird, muss man mal gucken. Stumpfes „mehr Gleichmacherei“ jedenfalls empfände ich als Affront.
Denn wir haben hier ganz offensichtlich gerade eine Welle hinter uns gelassen. Was natürlich nicht bedeutet, dass man jetzt sofort wieder alles Mögliche erlauben kann oder so. Aber es bedeutet eben auch nicht, dass man jetzt in diese geradezu lächerliche Alarmstimmung verfallen müsste, die insbesondere die Bundesregierung gerade schürt und auch teilweise ihre Berater.
Wo man allerdings zurecht in Alarmstimmung verfallen darf, sind die Kliniken. Denn die bekommen jetzt die auslaufende dritte Welle zu spüren. Die dort schwer erkrankten Fälle landen jetzt in den Intensivstationen.
Ministerpräsident Weil hat sich aus diesem Anlass noch kurz mit dem Schnack, die Lage in den Krankenhäusern sei entspannt, in die Nesseln gesetzt.
Keine Ahnung, vielleicht ist die Lage jetzt grade ja wirklich noch „entspannt“, nach den Maßgaben einer internationalen Pandemie. Aber der Spruch ist natürlich blöde in genau dieser Situation. Hätte er sich verkneifen sollen.
Prinz Phillipp ist gestorben. Mit 99 Jahren. Also vermutlich nicht an Corona aber das vermutlich ansonsten recht sehenswerte gigantische Staatsbegräbnis wird dann wohl auch ne eher überschaubare Geschichte werden. Ich musste bei der Gelegenheit kurz an Jan Fedders Trauerfeier denken, die so einer der letzten großen gesellschaftlichen Anlässe gewesen ist, bevor Corona kam. Es klingt blöd aber in der Hinsicht hat er dann doch sowas ähnliches wie Glück gehabt mit dem Datum seines Ablebens. Ein paar Wochen oder auch ein Jahr später hätte diese doch recht eindrucksvolle Trauerfeier, die er wohl selber so geplant haben soll, so einfach nicht stattgefunden.
Im Landkreis stehen wir heute auf Inzidenz 55. Die ist jetzt tagelang immer weiter gefallen, manchmal ein bisschen im Zickzack aber jetzt stehen wir eben da, wo wir stehen. Es ist schwierig, unter solchen Umständen jeden Tag sämtliche Medien verkünden zu sehen, wie ernst die Lage doch sei. Das ist einfach ein undifferenziertes Bild.