Corona-Tagebuch: Übern Berg.

Gestern Abend habe ich noch einmal die Landkreis-Zahlen gecheckt und siehe da: Inzidenz auf 63 runter, 128 Fälle weniger als am Mittwoch der Vorwoche. Ostereffekt hin oder her – ganz sicher raus wäre der wohl wirklich erst nächste Woche – aber das ist mir jetzt als Entwicklung deutlich genug: Ich gehe davon aus, dass die dritte Welle hier erstmal vorbei ist.

Fragt sich nur, was das eigentlich heißt. Denn wie man obiger Kurve entnehmen kann, sind wir ja immer noch etwa auf dem Niveau nach der zweiten Welle, was nicht gerade wenig ist und sicherlich ist es möglich, dass da jetzt irgendwann noch mal ne vierte Welle folgt.

Zumal das Wetter jetzt auch nicht gerade eine große Hilfe ist. Jetzt, wo ich dies schreibe, scheint ausnahmsweise bereits seit zwei Stunden die Sonne und es ist strahlend blauer Himmel. In den letzten Tagen hatten wir aber das bilderbuchmäßigste Aprilwetter, das man sich vorstellen kann: Hagel, Schneesturm, Regenschauer und arschkalt ist es auch. Super Bedingungen, um sich zu erkälten – und eben auch beste Bedingungen für Coronaviren.

Aber ehrlich gesagt ist das schlimmste an diesem Wetter, dass einem so hart auf die Eier geht. Als wäre die ganze Situation nicht sowieso schon depremierend genug, kann man nicht mal ein bisschen draußen rumlaufen, wenn einem danach ist. Das nervt. Ebenso nervt es, dass man bei fast jedem Blick aus dem Fenster Schietwetter sieht. Wäre mir ohne Corona wahrscheinlich scheißegal, weil ich mich ohne Corona wenigstens darauf freuen könnte, am Wochenende ein paar Freunde zu treffen, da kann einem ein bisschen Regen gar nichts. Aber in diesem aktuell dann doch eher trost- und ereignislosem Leben schlägt einem selbst das Wetter ganz anders aufs Gemüt.

Naja, vielleicht kann da Abhilfe schaffen, dass wir am Samstag dann nach langer Zeit doch noch mal ein Telebier veranstalten wollen. Freund und Podcastkollege Dan hatte Bock und ein paar Leute sind wir dann wohl. 19.30 geht es los, wie immer auf Telebier.eu und das Passwort ist prost. Wer hier mitliest und Lust hat, ist ebenfalls herzlich eingeladen.

Heute morgen um 8 flatterte eine E-Mail von der Stadt rein. Ich habe mich ja als „Impfpate“ zur Verfügung gestellt und im Januar, als es losging, hieß es, dass wir von Zeit zu Zeit mal Nachrichten bekommen würden. Seitdem kam allerdings gar nichts mehr, woraus ich schloss, dass der Bedarf wohl doch eher gering sein würde. Wovon ich allerdings ohnehin ausgegangen war, die meisten Leute kennen dann doch irgendwen privat gut genug, der ihnen da helfen kann und viele, die Hilfe brauchen, leben natürlich auch gar nicht mehr allein zuhause, sondern in Heimen oder Wohnanlagen und dort kamen ja dann mobile Impfteams vorbei und haben das alles vor Ort offenbar recht gut hinbekommen.

Naja und das ist, was da im Wesentlichen auch so drin steht. Offenbar wurde eine Impfpatenschaft in Winsen um die 20 mal in Anspruch genommen. Ich finde, dass das genug ist, um so etwas angeboten zu haben aber die Zahl der Impfpaten hat die Zahl der Patenschaften halt auch mal kurz um das Vierfache überstiegen (mindestens – genaue Zahlen kenne ich da nicht). Aber eigentlich ist das ja ein zweifach gutes Zeichen: so viele, die sich bereiterklärt haben, so wenige, die solche Hilfe nötig hatten. So ganz im Eimer ist die soziale Struktur meiner Gemeinde offenbar nicht, das ist doch schön.

In der Mail wurde ebenfalls darauf hingewiesen, dass Hausärzte diese Woche zu impfen beginnen. Mit sehr überschaubaren Mengen aber es geht dort los. Allerdings – und das wird meiner Meinung nach vielleicht etwas zu zaghaft mitgeteilt – soll man um Himmels Willen nicht selbst dort anrufen, sondern wird konktaktiert. Die Hausärzte kennen einen und wissen um eventuelle chronische Krankheiten, die eine frühe Impfung nötig machen und priorisieren entsprechend. Macht für mich absolut Sinn. Und wirft die Frage auf, warum man das nicht eigentlich gleich zu Beginn gemacht hat oder zumindest vor 1-2 Monaten. Aber das bleibt wohl eines der vielen ungelösten Rätsel, die das Regierungshandeln mir in den letzten Monaten aufgegeben hat.

Und wenn man sich beim Impfzentrum auf die Warteliste eintragen lässt, wartet man 1-7 Wochen und kommt dann aber auch an die Reihe. Langsam (viel, viel zu langsam) nimmt diese Impfkampagne also wohl Fahrt auf.

In Großbritannien öffnet der Buckingham-Palast wieder für Besucher, übrigens. Dort ist jeder zweite mittlerweile geimpft. 32 Millionen Menschen. Das sind dreimal so viele wie in Deutschland. In Amerika ist ein Drittel geimpft und noch im April bekommt jeder, der möchte, einen Termin. Über Hundert Millionen Amerikaner sind geimpft. Es wäre so viel mehr möglich gewesen.

Verimpft wurde in Deutschland bisher übrigens:

  • Biontech: 93%
  • Moderna: 46%
  • Astra: 57%

Eventuell kommt da demnächst noch der russische Sputnik dazu, denn der sich im Kanzlerkandidatenwahlkampf befindliche Markus Söder meldete gestern, einen Vorvertrag über zweieinhalb Millionen Sputnik-Dosen geschlossen zu haben, bevor der Impfstoff überhaupt zugelassen ist.

Das kann man jetzt bewerten, wie man will. Aber es ist insofern clever, als dass die Zahlen in Bayern aktuell wieder so dermaßen beschissen aussehen, dass jemand, der gerne Bundeskanzler werden möchte, ja nunmal irgendwie davon ablenken muss, einen relativ schlechten Job zu machen.