Corona-Tagebuch: Ausgangssperren und Alkoholverbote

In Süddeutschland werden jetzt schwere Geschütze aufgefahren, die bis hin zu Ausgangssperren und Alkoholverboten reichen. Das ist krass. Sowas haben wir bisher nur aus Südamerika oder Spanien oder so gehört. Wo es so wie ich das sehe auch nicht wirklich irgendeinen Vorteil gebracht hat.

Ich verstehe ohnehin nicht, wie ein Alkoholverbot irgendwas bringen soll, wenn doch ohnehin Kontakte verboten sind. Ist es nicht egal, ob man sich mit oder ohne Bier NICHT trifft?

Und die, die sich sowieso an nichts halten, werden sich auch für Alkoholverbote nicht interessieren.

Hier oben ist es natürlich nicht ansatzweise so schlimm und hier redet noch keiner von derartigen Schritten.

Niedersachsen steht in Sachen Inzidenz bei 50% des Bundesschnitts. Das klingt erstmal ziemlich positiv für Niedersachsen. Aber die Wahrheit ist, dass ja schon dieser Bundesschnitt drei Mal höher als die ehemalige magische Grenze von 50 ist, die Niedersachsen wiederum deutlich überschreitet. Absurde Ausreißer wie Sachsen sorgen dafür, dass dieser Schnitt so hoch liegt. Was bitte ist denn da los? 300?

Ich hörte heute morgen, dass die Geschäfte in Hamburg vielfach drastisch ihre Preise reduzieren, weil man dort mit einem heftigen Lockdown rechnet. Wenn der käme, wäre das wahrscheinlich für viele Läden der Todesstoß.

In Lüneburg findet eine seltsame Posse statt. Da wurde erst der Weihnachtsmarkt verboten, dann ein „Budenzauber“ improvisiert, der im Wesentlichen – ich war nicht da aber so verstehe ich das – eine Art Weihnachtsmarkt, der sich auf Fresserei und Sauferei beschränkt ist, aber etwas verteilter aufgebaut wird. Was auch immer man sich davon versprochen hat, das so zu machen – aber das war dann auch nach einer kurzen Phase voller Erkenntnisse schnell wieder vorbei. Jetzt ist Alkoholverbot in der Innenstadt. Man ist also von 100 auf null, von null auf 90 und von 90 dann wieder auf null plus komplettes Alkoholverbot gegangen, statt einfach gar nicht erst einen Weihnachtsmarkt zu veranstalten.

Auch in Winsen gab es so eine Art Glühweinbude dort, wo ursprünglich mal ein Weihnachtsmarkt stattfinden sollte und auch dort hat man das jetzt verboten. Wobei ich mir nicht vorstellen kann, dass da so mega viel losgewesen ist.

Aber allgemein kann ich dieses Weihnachtsmarktgetue nicht verstehen. Ja klar, aus Sicht der Leute, die mit sowas ihren Lebensunterhalt verdienen, sehr wohl, keine Frage. Aber von Seiten der Behörden? Es wurde im Oktober ein Lockdown für den November beschlossen und der wurde inzwischen auf den Dezember verlängert. Der beinhaltete im Wesentlichen das Schließen von Restaurants und Hotels und so, Gastronomie eben. Und dann kommt man warum bitte auf den Gedanken, dass ne Glühweinbude (oder fünf) ja doch in Ordnung sein müssten?

Ja, weil es halt dann „to-go“ ist und das erlaubt man ja für Restaurants zum Beispiel auch. Gut. Aber daraus abzuleiten, so eine Art Mini-Weihnachtsmarkt, wo es eigentlich nur Glühwein gibt, sei eine tolle Idee, finde ich trotzdem seltsam verwegen.

Davon abgesehen kann ich mich wieder mal kaum entscheiden, welcher Coronabesorgte mich grade am meisten nervt. Ein paar Kandidaten seien genannt.

Bundeskanzlerin Merkel kommt aus dem Besorgtsein, Mahnen und Warnen kaum noch raus. Highlight der Woche: Wenn den Kindern in der Schule wegen der permanent geöffneten Fenster bei den aktuellen Temperaturen kalt sei, könnten sie doch aufstehen, Kniebeugen machen und mal in die Hände klatschen.

Kanzleramtschef Helge Braun empfiehlt, das Fahrrad zu benutzen anstelle öffentlicher Verkehrsmittel.

Und Jens Spahn empfiehlt Gurgeln.

Markus Söder schießt den Vogel ab. Er verhängt über ganz Bayern den Katastrophenzustand und empfiehlt seinen Bürgern per App, die betroffenen Gebiete zu vermeiden. Die betroffenen Gebiete sind als Karte beigefügt und umfassen logischerweise ganz Bayern.

Die Bundesrepublik wird immer mehr zu einem Tollhaus, jedenfalls in den Regierungsebenen. Und das nervt tierisch. Ich mein, ich bin lange genug politisch interessiert um zu wissen, dass das leider zu großen Teilen alles Nieten sind. Aber langsam ist es doch echt nicht mehr lustig.

Auch nicht lustig ist übrigens das allgemeine Infektionsgeschehen hier im Landkreis. Denn auch wenn Niedersachsen insgesamt nicht so schlecht dasteht und wir vor Ort relativ präzise dem landesweiten Durchschnitt entsprechen, entwickeln sie sich leider nicht positiv. Das sah vor wenigen Tagen noch anders aus und das darf einen glaube ich durchaus etwas besorgen (mit der Betonung auf „etwas“, man muss deswegen ja nicht gleich merkelesk kopflos werden).

Die rote Kurve zeigt die Differenz zur Situation von vor 7 Tagen und die war jetzt eine ganze Weile sauber unter dem Strich. Jetzt ist sie es nicht mehr. Und zwar heute den zweiten Tag in Folge und das zweistellig. Und heute sogar doppelt so hoch wie gestern. Die Inzidenz ist in den letzten 7 Tagen auch mal eben um 15 gestiegen. Die Zahl der aktiven Fälle ist um stolze 42 gewachsen.

Vielleicht ist das ein kurzer Schluckauf, vielleicht gab es irgendwo ein Spreaderevent, von dem ich nichts mitgekriegt habe. Keine Ahnung.

Aber vielleicht läuft es auch einfach total scheiße und vielleicht funktioniert dieser Lockdown einfach nicht.