Corona-Tagebuch: 1 Jahr Corona

Irgendwann letzte Woche wurde mal quasi offiziell verkündet, man sei jetzt in der 3. Welle, was Corona betrifft. Das habe ich mit einiger Verwunderung zur Kenntnis genommen, denn wir haben jetzt Mitte März und diese aktuelle Welle hält eigentlich schon seit über einem Monat an.

Jedenfalls ist das mein Stand aus den Zahlen meines Landkreises. Denn hier steigen die Zahlen seit dem 8. Februar tendenziell die ganze Zeit. Sie fielen auch immer mal wieder aber der nächste Anstieg übertraf den vorherigen jeweils und so schaukelt sich das seitdem einfach immer weiter hoch.

Aber ist es wirklich eine dritte Welle, wenn die zweite eigentlich noch gar nicht richtig vorbei war?

Definiert ist das alles ja nicht. Ist auch scheißegal, weil es für die jeweilige Politik sowieso keine Rolle spielt, ob man die aktuelle Lage als „Welle“ definiert oder nicht.

Heute ist Mittwoch und seit dem letzten Dienstag hat sich die Inzidenz im Landkreis von 65 (tags davor übrigens noch 60) auf nunmehr 80 (gestern 83 und letzten Donnerstag 85) entwickelt. Aber dieser Wert schwankt so albern hin und her, dass man sich wirklich fragt, was man damit anfangen soll.

Was man damit anfängt ist: Verbote damit begründen. Das scheint sein einziger Zweck zu sein.

Hier im Landkreis ist seit letztem November praktisch nichts gelockert worden. Es gab ein paar kleinere Anpassungen, zum Beispiel bei Schulen und Kitas und neuerdings kann man auch mal in sehr begrenztem Rahmen ein Fachgeschäft aufsuchen. Das sind alles eher alberne Kleinigkeiten. Wie man damit begründen will, dass die Infektionen steigen, ist mir ein Rätsel aber de facto versucht das von offizieller Seite auch niemand.

Dass die Zunahme der Infektionen wieder mit Schulöffnungen zusammenfällt, ist einmal mehr etwas, das geradezu ins Auge sticht. Drüber gesprochen wird nicht. Aber wehe, man merkt an, dass es doch lächerlich ist, dass zum Beispiel Zoos komplett geschlossen haben müssen, obwohl man da massenweise Platz hätte, wenn man die Besucherzahlen einigermaßen absenkt. Dann kommen sie alle aus ihren Löchern und verurteilen solche „Öffnungsorgien“, wie sie es gerne nennen.

Was für ein trauriges Leben führt man eigentlich, wenn man die Öffnung eines Zoos als Orgie betrachtet?

Lange keinen Blick mehr auf die Zahlen in den Gemeinden geworfen. Die „Problemgemeinden“ wechseln sich ab, auch das fällt auf. Winsen ist zur Abwechslung mal gut unterdurchschnittlich bei unter 60, Buchholz hat sogar die 35er-Marke unterboten. Neu Wulmstorf steht dafür bei über 200, Tostedt und Stelle sind bei deutlich über 100. Hollenstedt und Seevetal sind leicht über dem Durchschnitt und Jesteburg mit 17,9 aktueller Inzidenzbester.

Die Inzidenzen schwanken naturgemäß umso heftiger, je kleiner die betrachtete Verwaltungseinheit ist. Es macht eigentlich überhaupt keinen Sinn, die Inzidenzen in den Gemeinden auszuweisen. Interessanter wären die aktuellen absoluten Zahlen. Die veröffentlicht der Landkreis allerdings nicht.

Aber würde ich mir die übrigen Daten für den ganzen Landkreis nicht fast täglich manuell kopieren, könnte ich auch an die so einfach nicht mehr ran, denn die Tabelle wird ohne Vorwarnung von Zeit zu Zeit einfach geleert. Aktuell reicht sie bis zum 14. Februar zurück. Sie begründen das mit Lesbarkeit.

Ich glaube, es ist auch egal. Die Daten dürfte man beim RKI oder sonstwo auch noch bekommen können. Ich führe trotzdem lieber weiter meine bewährte Liste.

Das mache ich jetzt auf den Tag genau seit einem Jahr. Der erste Eintrag stammt vom 17. März. Und am 17. März veröffentlichte ich auch den ersten richtigen Tagebucheintrag: „Interessante Zeiten“:

Die Coronazahlen heute vor einem Jahr.

Seit heute ist alles geschlossen, was nicht unbedingt geöffnet haben muss, um eine Gesellschaft nicht in die Luft zu sprengen. Das sind im Wesentlichen Einrichtungen für den täglichen Bedarf, vor allem Lebensmittelgeschäfte. Letztere haben jetzt selbst in Bayern regulär sonntags geöffnet.

Corona stellt alles auf den Kopf und derzeit bringt wirklich jeder Tag neue interessante Erfahrungen. Dabei ist die gesundheitliche Situation zumindest in Deutschland im Augenblick sogar noch relativ beherrschbar. Aber die Kurve der Infizierten steigt exponentiell an – obwohl das öffentliche Leben weitgehend lahmgelegt ist. Es ist der 17. März um 9.50 Uhr morgens und wir haben bundesweit 7272 Infizierte. Gestern stand da noch ne 5 vorne

Filterblog – Corona-Tagebuch: Interessante Zeiten

Zwei Tage vorher machten erste Berichte der Klopapierhamster die Runde. Ein Phänomen, dass seither zwar 1-2 mal zurückkam, in diesem Ausmaß aber zum Glück nur anfangs genervt hat. Selbst Massenhysterien schleifen sich ab.

Es folgt ein subjektiver Corona-Jahresrückblick.

Der 17. März war nicht der Tag, an dem Corona losging, sondern der Tag, an dem hierzulande der Ernstfall einzog. An dem plötzlich alles verboten war.

Und seitdem sich daran auch nichts geändert hat, von zeitweisen partiellen Lockerungen einmal abgesehen.

Auf ein komplett ausgefallenes Osterfest nach einem vollständig ereignislosen Frühjahr folgte ein trostloser Sommer, in dem man zwar hin und wieder ein bisschen was machen und ein paar wenige Leute treffen durfte aber größere Feste fast komplett ausfallen mussten. Massenveranstaltungen wie Konzerte oder Festivals natürlich ohnehin.

Und im Herbst wurde das alles noch schlimmer. Im Oktober hieß es dann: So, jetzt müssen wir uns mal vier Wochen wirklich zusammenreißen, Weihnachten lockern wir dann alles wieder.

Alle haben darüber gelacht, wirklich geglaubt hat das zu dem Zeitpunkt schon niemand mehr. Ich frage mich bis heute, wie beknackt man sein muss, um sowas zu verkünden.

Jedenfalls sind daraus die längsten vier Wochen der Menschheitsgeschichte geworden, denn sie dauern bis heute an. Meine damalige Prognose war: Vor Ostern ändert sich doch daran nichts, wie sollte es?

Bis Ostern sind es jetzt noch gut zwei Wochen und die albernen und sowieso sehr wenigen Minizugeständnisse wie dass man zum Beispiel nach Monaten ein Schuhgeschäft betreten darf, vorausgesetzt man ist alleine, maskiert und hat einen Termin, werden umgehend wieder hinterfragt, als „Öffnung“ bezeichnet und ihre Rücknahme verlangt, angesichts der schlechten Entwicklung.

Weil ganz gewiss das alleinige Betreten eines Fachgeschäftes der Treiber der Infektionswelle ist. Die, ich schrieb es weiter oben, Wochen vor diesen euphemistisch „Öffnungen“ genannten Ausnahmeregeln begonnen haben.

Auf den Tag ein Jahr nach Beginn des vollen Corona-Ausnahmezustandes regieren weiterhin Hysterie und Holzhammermethoden statt hin und wieder mal den Verstand einzuschalten und evidenzbasiert zu schauen, was geht und was nicht.

Und der Grund scheint mir einmal mehr sehr deutlich der zu sein, dass man es sich politisch nicht leisten kann und will, Kitas und Schulen dauerhaft zu schließen – oder dort wenigstens tragfähige Hygienekonzepte umzusetzen.

Das dieser Staat gleichzeitig völlig darin versagt, seine Bürger wenigstens halb so schnell wie Trump-Amerika oder das soeben aus der EU ausgetretene Johnson-UK zu impfen, macht den Skandal perfekt.

Dass sich beisipielsweise eine Bundesregierung meint, dermaßen viel Versagen in einem Wahljahr leisten zu können, bedeutet entweder, dass die Regierung selbst die sich daraus für sie ergebende Gefahr als solche zu begreifen zu blöde ist.

Oder, dass Demokratie eben doch bemerkenswert schlecht darin ist, Regierungsversagen in adäquates Wahlverhalten umzusetzen.

Gut, fairerweise muss man schon feststellen, dass die Regierungspartei SPD inzwischen bei 16% in den Umfragen angekommen ist.

Hauptversager in Sachen Corona ist aber natürlich die CDU, die nicht nur die Bundeskanzlerin und den Gesundheitsminister stellt, sondern mit der Kür von Ursula von der Leyen zur EU-Hauptkommissarin die entscheidende Ursache für das Impfdesaster verbockt hat. Und auch wenn die CDU glücklicherweise endlich auch in den Umfragen Federn lässt, steht sie da immer noch fast doppelt so stark da, wie die SPD.

Was einen einigermaßen kopfschüttelnd zurücklässt. Auch wenn man um die Erkenntnis nicht herumkommt, dass es keine einzige demokratische Partei gibt, die grade nirgends mit am Regierungstisch sitzt und beschissen läuft es ja eigentlich bundesweit… insofern relativiert das sicherlich das Versagen der Bundesregierungsparteien auch noch ein wenig.

Der für heute geplante „Impf-Gipfel“ wurde passenderweise verschoben, weil es ein Problem mit einem Impfstoff gibt. Das verstehe, wer will. Ich hatte diesen Gipfel ja so verstanden, dass man die Probleme mit den Impfstoffen besprechen wollte.

Aber vielleicht habe ich mich geirrt und es sollte doch eher ein nettes Kaffeekränzchen werden. Ich verstehe ja so vieles nicht, was in den Elfenbeintürmen der Republik passiert.