Corona-Tagebuch: Samstag, 20 Uhr Schlafenszeit

Eines dieser seltsamen Corona-Phänomene: Immer früher schlafengehen. Aus Langeweile, aus Frust, aus Abfindung damit, dass ja sowieso nichts los ist. Ein normaler Vor-Corona-Samstag konnte Sonntag um 8 Uhr morgens enden, in diesen Zeiten aber halt auch einfach mal um 20 Uhr. Wozu wach bleiben, wenn die Realität einen ja sowieso nur anödet?

Gestern fing ich vor lauter Verzweifelung an, sechs Jahre alte Folgen des Podcast-UFO anzuhören. Das ist allerdings unterhaltsamer, als ich erwartet hatte.

Corona-Langeweile ist eine seltsame Form von Langeweile. Es ist nicht so, dass ich jemals Probleme hätte, mich irgendwie zu beschäftigen. Aber gestern hatte ich auf einmal auf gar nichts mehr Lust, kein Bock auf Filme oder Serien, keine Lust auf Computerspiele, keine Lust darauf, irgendwas Sinnvolles zu machen, keine Lust zu lesen, keine Lust auf Hörbuch, nicht mal mehr Lust, Idioten auf Facebook zu trollen.

Mir ist so richtig formvollendet die Decke auf den Kopf gefallen. Das einzige, was ich wirklich gewollt hätte ist, mit 2-3 Leuten im Kreis sitzen, Bier trinken, Unsinn labern und dann irgendwann in den frühen Morgenstunden ins Bett torkeln. Und das ist bekanntlich eine höchst gefährliche, illegale Handlung, obwohl wir verdammte Schnelltests haben, obwohl wir Abstände halten könnten, obwohl man sowas gestern sogar draußen hätte veranstalten können und so weiter und so fort.

Ich bin damit nicht alleine, die Leute werden zunehmend depressiv und ungehalten ob der Situation. Die die Regierung geschaffen hat und für die die Regierung die volle Verantwortung trägt. Denn diese totale soziale Isolation ist mit Infektionsschutz spätestens seit der allgegenwärtigen Tests an sich nicht mehr zu rechtfertigen. Und davor war sie es eigentlich auch nicht, weil man durchaus Regeln formulieren könnte, die genauso verantwortungsbewusst und der Situation zuträglich wären, gelegentliches Treffen von Menschen aber erlauben würden.

Man will es nicht. Weil man jetzt seit nem Jahr den Leuten Eigenverantwortung aberzogen hat und meint, dass sie jetzt auch nicht mehr von ihnen erwarten kann.

Vielleicht ist das so aber auch dann wäre es ein Problem, dass die Regierung erzeugt hätte. Die lehnt es ja konsequent ab, den Bürger mit ins Boot zu holen im Kampf gegen Corona und verlässt sich komplett darauf, immer albernere und vor allem kompliziertere Regeln zu erlassen, statt wenigstens mal so zu tun, als sei selber mitdenken etwas, dass sie schon auch erwarten würde. Und so verhalten sich die Leute dann halt auch entsprechend bekloppt.

Dass die Regierung gar keine Beiträge zur Pandemiebekämpfung leisten würde, kann man allerdings auch nicht behaupten.

Denn Freitag Nachmittag kam die erlösende Nachricht, dass Angela Merkel ihre erste Corona-Impfung erhalten hat. Immerhin mit Astra Zeneca, was ich ganz unironisch für eine der intelligentesten Taten der Bundeskanzlerin in der ganzen Corona-Angelegenheit halte. Aber das liegt auch daran, dass es da leider nur wenige wirklich intelligente Taten gibt. Dennoch: Nachdem die Bundesregierung alles getan hat, um diesen für die Impfstrategie so wichtigen Impfstoff kaputtzureden, versucht sie nun offenbar, sein Image so gut es geht zu retten. Vielleicht ist das auch schon das Sinnvollste, was kann man erwarten kann von dem Haufen Totalversager in Berlin.

Das Wochenende habe ich ansonsten vor allem damit verbracht, Bier zu brauen. Mein Pale Ale neigt sich langsam dem Ende und ich musste ohnehin endlich mal meinen 25-Kilo-Vorrat Malz anbrechen – und vor allem meine Schrotfähigkeiten testen. Schroten ist nämlich nicht gleich schroten. Ich habe im Keller neben dem 25-Kilo-Sack eine alte Getreidemühle stehüren. Eigentlich sind Schrotmühlen Spezialgeräte, die mit Walzen arbeiten. So eine Getreidemühle hat einfach nur die Möglichkeit, sie eher grob einzustellen und dann nennen die Hersteller das „schroten“. Dabei kann es aber passieren, dass das Ergebnis trotzdem zuviel Mehr beinhaltet. Für Braumalz soll aber eigentlich nur die Schale aufgebrochen werden, denn zuviel Mehl würde uns das Maischen erschweren bis verunmöglichen. Und ob die alte Kiste von Mühle, die ich da im Keller stehen habe, ein Schrot erzeugt, dass zum Brauen taugt, musste nun also ausprobiert werden.

Ich hatte einen Testlauf gemacht mit einer Handvoll Malz, bei dem das Ergebnis erstmal okay aussah. Da war Mehl aber eigentlich nicht zuviel, so jedenfalls mein Eindruck. Aber das ist schwer einzuschätzen. Also habe ich 5 Kilo abgewogen und durchgeschrotet, was übrigens erheblich länger dauert, als ich gedacht hatte. Ich war dann am Ende fast eine Stunde dabei. Was aber egal ist, weil die ganze Brauerei ohnehin 5-6 Stunden dauert, dann ist es halt eine mehr.

Jedenfalls konnte ich nach ein paar Kilo Schrot sehen, wie viel Mehl da so mitkam und das habe ich verglichen mit fertig geschrotetem Malz, dass ich noch liegen hatte. Und so rein optisch war ich dann der Meinung, dass meine Schrotung etwa genaus so viel Mehl erzeugte, wie das professionell geschrotete. Okay! Ein beruhigender Moment, die alte Getreidemühle kriegt damit jetzt nach Jahrzehnten des sinnlos Herumstehens ein zweites Leben als meine offizielle Schrotmühle.

Endgültig klar war das natürlich erst, als ich nach erfolgreichem Läutern die Stammwürze messen konnte und ein sehr zufriedenstellendes bekam. Gebraut habe ich ein SMASH-Ale auf Basis des Rezeptes meines Geburtstagsbierchens. Denn das wollte ich unbedingt noch mal machen – und auch deshalb hatte ich mich entschieden, einen großen Sack Wiener Malz als ersten Schritt für mein Malzlager zu kaufen. Wiener Malz ist von der Farbe her bernsteinig. Es ist dunkler als Pilsner Malz aber eben nicht dunkel. Es gibt damit die perfekte Balance zwischen hellem Bier und einem Bier mit einer gewissen Malzigkeit. Und nachdem ich im letzten Jahr immer mehr unterschiedliche Zutaten angeschafft hatte und es so ein wenig Überhand genommen hat und man dann irgendwann auch Gefahr läuft, sich zu verzetteln, war mein Plan für dieses Jahr, meine Brauerei etwas zu simplifizieren und die Zahl der Zutaten etwas zu reduzieren. Das geht am besten beim Malz, vielleicht auch noch bei der Hefe. Jetzt werde ich erstmal gucken, was man mit Wiener Malz allein so alles hinbekommt. Aber ich vermute, dass ich mir in nicht allzu ferner Zukunft zumindest noch mal einen Sack Weizenmalz bestellen werde. Zum Einen, weil ich eigentlich noch nie ein richtiges Weizenbier gemacht habe und zum Anderen, weil ich die Kombination mit etwas Weizenmalz auch geschmacklich immer interessant finde. Ein bernsteiniges Weizen-Pale-Ale auf Basis mit Wiener Malz stelle ich mir zum Beispiel supergeil vor und wird so oder so eines meiner nächsten Vorhaben sein. Vielleicht als Sommerbier.

Coronamäßig denke ich, tritt der Landkreis Harburg dann jetzt in die vierte Welle ein. Montag hatten wir einen Tiefstand aber seitdem steigen die Zahlen einfach die ganze Woche. Von 225 Fällen am Montag sind sie auf gestern 307 Fälle gestiegen. Von einer Inzidenz von 55 am letzten Freitag ging es auf 85 am Freitag dieser Woche.

Das ist immer noch niedrig im Vergleich zu der bundesweiten Inzidenz von über 160. Aber ich rechne damit, dass wir schon in der kommenden Woche wieder über 100 gehen werden, so wie die Zahlen hier im Kreis eben nunmal grade aussehen.

Meine Gemeinde, die Stadt Winsen (Luhe), ist schon fast auf 100, Stand gestern war 96. Jesteburg, Neu Wulmstorf, Rosengarten und Seevetal sind schon über 100, teilweise erheblich.

Vielleicht wird das besser, wenn es wärmer wird. Obwohl auch hier die Wissenschaft eher anderer Meinung ist, worauf ich aber auch nicht mehr allzuviel gebe. Der Stand der Wissenschaft ändert sich dermaßen oft, dass es eigentlich auch egal ist, wie er denn jetzt grade aussieht. Wir werden es ja sehen.

Aber abgesehen davon, dass die Temperaturen tagsüber jetzt zwar gerne mal zweistellig werden und die Sonne scheint, ist es vor allem nachts immer noch arschkalt und im Schatten auch und damit ist es insgesamt eben immer noch eher virenfreundliches Wetter. Wenn wir davon ausgehen, dass das Wetter ein wesentlicher Treiber der aktuellen Welle ist und die Vorhersagen zumindest für die kommenden 14 Tage da wenig Änderungen Richtung warm sehen, lässt das eher nichts Gutes vermuten für die nächste Zeit.

80.000 Tote haben wir jetzt in Deutschland. Jetzt rufen sie überall aus diesem Anlass mal wieder Gottesdienste aus. Ich wäre eher für Mahnwachen vor dem Kanzleramt. Denn Zehntausende davon hätten nicht sterben müssen, hätte man sie rechtzeitig geimpft.

Danke, Merkel.