Corona-Tagebuch: Frühjahrsprojekte

Mittlerweile hat das zweite Familienmitglied einen Impftermin. Ein drittes, das in einigen Tagen 80 wird, wundert sich etwas, immer noch keinen zu haben. Ich wundere mich darüber nicht. Es passt ins chaotische Gesamtbild, dass der Staat in seiner Interpretation einer Pandemiebekämpfung abliefert.

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Schräger Humor ist vielleicht noch die sozialverträglichste Methode, mit soviel Inkompetenz klarzukommen.

Der Vorteil am Dauerlockdown ist übrigens auch in diesem Jahr, dass man sich mit Sachen beschäftigt, mit denen man sich sonst um diese Zeit nicht beschäftigt hätte. Bei mir äußert sich das konkret in zwei Projekten, die ich schon länger angehen wollte.

Projekt 1 ist relativ simpel: Hopfen pflanzen. Habe die Pflanzen jetzt bestellt und dann kommen die eben demnächst mal in die Erde. Drei verschiedene Sorten, alle zum Brauen geeignet.

Projekt 2 hat mittlerweile viele Jahre Vorlauf, der eigentlich überflüssig gewesen wäre. Ich wollte eine Solar-Lochkamera aufstellen. Das ist eine Camera Obscura, die den Lauf der Sonne über Wochen und Monate auf Fotopapier abbildet. Auch das eigentlich keine große Sache. Was man braucht, um so ein Ding zu bauen, liegt locker 5-6 Jahre bereit. Inklusive der gelaserten Löcher zum aufkleben, damit es auch ein schönes Bild gibt. Die hatte ich mir extra bei Ebay gekauft zu diesem Zweck. Und genau diese Löcher finde ich natürlich nicht wieder – den ganzen Rest, meine Rohre mit Stopfen und das Fotopapier, alles da. Nur die blöden Löcher nicht, die das Wichtigste wären. Und ich finde auch den Ebay-Händler nicht mehr, von dem ich die hatte – danach Googlen ist fast unmöglich.

Vor lauter Verzweiflung habe ich jetzt eine fertige Lochkamera aus England bestellt, die dann halt demnächst mal aufgebaut wird. Wo genau muss ich mir noch überlegen aber sinnvollerweise richtet man sie natürlich Richtung Süden aus.

Dauerprojekt Bierbrauen läuft natürlich auch noch. Aktuell sind es 40 Liter, die ich in diesem Jahr gebraut habe und die auch schon beinahe fertig sind.

Ich bin zum Glück jemand, der sich nur sehr schwer langweilt, weil mir solche Projekte sowieso dauernd im Kopf rumspuken und ich, wenn alle Stränge reißen, einfach irgendein Computerspiel anwerfen kann, dass mich einige Stunden gut beschäftigen und unterhalten kann.

Auch die Daddelei ist in der Form etwas, das ich so vor Corona nicht kannte. Nachdem ich via Stadia Cyberpunk 2077 und später noch Red Dead Redemption 2 gekauft habe, habe ich mit „Humankind“ einen neuen Civilization-Klon, der im April rauskommen soll, dort auch schonmal vorbestellt. So viele Spiele, die noch keine 10 Jahre alt sind, sondern teilweise sogar vorbestellt werden, habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht in so kurzer Zeit gekauft.

Corona ändert Einiges, offensichtlich auch Hobbys.

Dass es auch den Blick auf die Fähigkeit des Staates, mit epochalen Krisen umzugehen ändert, habe ich in dieser Reihe denke ich oft genug beschrieben. Das soll in diesem Beitrag ausnahmsweise mal keine große Rolle spielen. Aber weil es gerade gut passt und er einfach Recht hat, lasse ich meinen alten Kumpel Konstantin hier noch ein paar Worte zum Thema Ausgangssperren verlieren:

Und sonst so?

Mein Landkreis hat die 100er-Grenze in der Inzidenz gestern geknackt. Das wird regeltechnisch bestimmt auch wieder irgendwas bedeuten. Was genau ist, wenn ich das richtig verstanden habe, aber noch niemandem so richtig klar, weil sie ja ständig alles ändern.

Die Inzidenz über die gesamte Zeit, wie sie mein Landkreis veröffentlicht.

Mir ist es auch fast egal, weil jede dieser ständigen Änderungen gemeinsam hatte, dass sie mein Leben sowieso fast nie tiefergehend berührt hat, weil alles, was mich interessieren würde, ohnehin durchgehend verboten ist. Und wenn sie jetzt halt noch mal ein paar Monate den Friseur zumachen, werde ich das auch überleben.

Außerdem wurde gestern die Gesamtfallzahl von 5000 geknackt. Aktuell sind es 363 Infektionsfälle und es ist möglich, dass wir im weiteren Verlauf dieser Woche noch die 400 übertreffen oder sogar den bisherigen Höchstwert von etwas darüber überbieten werden.

Und das, obwohl die Regeln kaum anders aussehen als im Herbst, als wir den letzten derartigen Peak hatten.