Corona-Tagebuch: Die lokale Biersituation

Montag bin ich mal wieder in Salzhausen gewesen, Bier holen. Das Navi hat mich einen relativ kreativen Weg quer (statt längs) durch Luhdorf nehmen lassen, dem ich, experimentierfreudig, wie ich nunmal bin, auch gefolgt bin. Und da standen sie auf einmal: Zwei große gelbe Doppeldeckerbusse mit dem Kennzeichen „OD“ für Stormarn, also Schleswig-Holstein. Aber der auffälligste Hinweis, dass die nicht wirklich hierhin gehören war der riesige Aufdruck „STADTRUNDFAHRT“ an den Seiten, denn Stadtrundfahrten gibt es selbst außerhalb Corona in Winsen nicht – und wenn, dann sicherlich nicht mit Doppeldeckerbussen.

Man kennt diese Busse aber, wenn man mal in Hamburg unterwegs ist. Da gehören die eigentlich hin – aber momentan gibt es eben auch dort keine Stadtrundfahrten.

Gleichzeitig – und damit kommen wir zur Auflösung dieses Mysteriums – brauchte Amazon, das ja ebenfalls in Luhdorf sein Hamburger Lager hat, dringend sehr viel mehr oder besser noch größere Busse, um Abstandsregeln darin bestmöglich umsetzen zu können. Es ersetzen dort jetzt dann wohl zwei Doppeldeckerbusse zwei normale Busse, wie es scheint.

Für mich ein interessantes Beispiel, wie die Krise kreative Lösungen zu beiderseitigem Vorteil hervorbringt.

Mein Bier holte ich bei „De Lütte“, einer Mikrobrauerei in Salzhausen ab. Der Brauer meinte, dass er grade die erste Bestellung nach Corona von einem Gasthaus reinbekommen hätte, „dank Düver“ aber auch so noch einigermaßen über die Runden gekommen ist. Er betreibt das Ding zwar nebenberuflich und muss daher nicht unbedingt viel Geld damit verdienen, hat aber eben gewisse Kosten, vor allem die Miete der Räumlichkeiten. Er macht nicht nur wirklich leckeres Bier, sondern es wäre auch sonst sehr schade, wenn diese geile kleine Brauerei dichtmachen würde, denn so viele haben wir davon hier in der Gegend nicht. Mit „dank Düver“ meint er den Salzhäuser Edeka, in dem er seinen eigenen Kühlschrank betreibt, der regelmäßig mit frischem „Barnsteen“ bestückt wird, seinem Bernstein-Pils, das ich so lecker finde, dass ich inzwischen zum Dritten mal lieber ganz nach Salzhausen einkaufen gefahren bin. Aber einen kleinen Schluck vom neuen Sud „Barnsteen“ hat er mir direkt aus dem Tank vor Ort zum Probieren gezapft. Das lagerte jetzt verhältnismäßig lange, denn er hatte es schon Mitte März gebraut, normalerweise wird das einige Wochen früher abgefüllt. Geschmacklich hat es das Bier noch etwas besser gemacht. Aber andererseits war das auch das weitaus frischeste Bier, dass ich jemals getrunken habe – ich mein direkt aus dem Lagertank kurz vor dem Abfüllen, frischer geht es echt nicht.

In besagtem Edeka Düver angekommen, erinnerte ich mich an das letzte Mal, als ich dort war. Das war das erste Mal unter Corona-Eindruck, dass ich einkaufen gegangen bin. Da waren die harten Regeln aber schon zwei oder drei Wochen in Kraft. Es war ein komisches Gefühl, unter diesen Umständen einkaufen zu gehen. Sich daran zu gewöhnen, Abstände zu halten, sich aus dem Weg zu gehen.

Damals funktionierte das alles noch. Damals sah ich ein Pärchen, dass zwar mit zwei Einkaufswagen aber eben idiotischerweise gemeinsam unterwegs war. Montag sah ich zwei Pärchen mit nur einem Wagen und mehrere Kinder, die nicht alleine dort waren. Abstände waren egal aber alle tragen sie brav einen Lappen vorm Gesicht. Die Maske hat alle anderen Regeln ersetzt.

An der Kasse hatten die Verkäufer keine Masken, sondern Plexiglasvisiere. Das wirkte auf mich zunächst einfach nur albern und komisch und dann, als wäre ich in einem Sci-Fi-B-Movie. Im Laden fragte ich mich noch, welchen Sinn diese Visiere, die wirklich nur an den Kassen getragen wurden, eigentlich haben sollen, denn wie jeder andere Laden auch gab es ja auch hier die großen Plexiglasscheiben zwischen Kunde und Verkäufer.

Auf der Rückfahrt fiel mir ein, was vermutlich der Sinn der Dinger war: Die Dummheit der Kunden. Denn der Maskenzwang gilt nach wie vor nicht für das Personal, nur peilen das viele Kunden nicht. Oder regen sich auch einfach nur aus Gründen der Gerechtigkeit darüber auf, dass sie so ein Scheißding tragen müssen, das Personal aber nicht und so weiter.

Jedenfalls sparen diese Visiere sehr wahrscheinlich etliche dumme Diskussionen, ohne, dass wirklich der spätestens auf die Dauer sehr unangenehme Mundschutz getragen werden müsste. So gesehen schon gar nicht mehr ganz so dumm, diese Visiere.

Ich selbst verhielt mich übrigens eigentlich ziemlich unanständig. Denn ich kaufte abgesehen von einer Packung Spaghetti ausschließlich Bier. Das zwar für über 20 Euro, der Wagen lag also schon voller Flaschen. Aber es war jetzt nicht wirklich der vorbildliche Wocheneinkauf. Aber ich brauchte einfach grade nichts, wollte nur trotzdem unbedingt noch ein paar Flaschen des besagten in Salzhausen gebrauten Bieres haben. Und habe mir halt noch ein paar weitere interessante Biere ausgesucht, auch wenn der Laden hier nur eine eher kleine Auswahl bietet.

Es erodiert aber eben auch bei mir allmählich mit den Regeln. Wenn sich sowieso keiner mehr um Abstände schert, geh ich halt nur um Bier zu kaufen durch nen Supermarkt. Ja, es ist schon absurd, auf Welche Arten man in diesen Zeiten zum krassen Outlaw-Rebellen werden kann.

Während meine Bierversorgung soweit sichergestellt ist, sieht es an der Coronafront so mittelprächtig aus. Der Bundestrend ist gut aber in einigen Ländern steigt die Zahl neuer Fälle. So wie ich es sehe nicht in besorgniserregendem Maß, punktuell aber gab es halt einige Fälle, in denen gleich eine ganze Menge Infektionen gleichzeitig aufgetreten sind. Keine Ahnung, ob die es sind, die den Trend dort bestimmen. Eigentlich sind es dazu dann doch zu wenige.

Interessante Beobachtung meinerseits: Mein Landkreis hat seit vorgestern seine Zahlen auf den eigenen Seiten nicht mehr aktualisiert. Laut RKI haben wir seitdem vier neue Fälle. Eventuell ist der Typ im Urlaub, der die Seite immer aktualisiert, wer weiß. Vielleicht kommen heute Mittag auch wieder neue Zahlen.