Corona-Tagebuch: Agent Filter in geheimer Mission!

So ähnlich jedenfalls habe ich mich gefühlt, als ich – kontaktlos – meinen Blue-Ray-Player einer Freundin geliehen und vorbei gebracht habe. Wie ein Geheimagent mit totem Briefkasten wurde das gute Stück vor die Haustür gelegt und dann per WhatsApp das geheime Zeichen gegeben, anschließend bin ich schnell verschwunden…

Diese Zeiten sind wirklich seltsam. Das Wetter ist super und man kann inzwischen schon einen Kaffee in der Sonne auf dem Balkon genießen. Es ist extrem ruhig, weil so gut wie keiner durch die Gegend fährt. Der Deich, der so 16-17 Uhr normalerweise den Feierabendverkehr trägt, ist quasi verkehrsfrei, alle paar Minuten kommt mal ein Auto. Und man hört auch sonst nichts.

Die, die unterwegs sind, halten sich auffällig eng an Geschwindigkeitsbeschränkungen und diesen Effekt habe ich bei mir selbst am Wochenende auch festgestellt. Irgendwie hat man das Bedürfnis, möglichst alles richtig zu machen oder so ähnlich. Es fühlt sich seltsam an.

Dieses Foto entstand um die Mittagszeit. Ein einziges Auto verschwindet grade in der Ferne. Mittags ist zwar auch in Friedenszeiten nicht grade Hauptverkehrszeit aber etwas mehr ist dann normalerweise doch los. Und es wurde selbst nachmittags und abends nicht mehr. Seit Tagen nicht.

So wie alles. Als würde die ganze Welt Urlaub machen. Ein Urlaub allerdings, bei dem man möglichst keine Leute treffen darf.

Das darf man jetzt wirklich nicht mehr, sonst kostet das zwischen 2500 und 25.000 Euro Strafe. Gruppen von mehr als zwei Personen darf man nicht bilden, Familienmitglieder und Haushaltsangehörige sind die Ausnahme. Aber insbesondere ältere Familienmitglieder mag man eigentlich auch nicht so wirklich besuchen, es weiß ja niemand zweifelsfrei, ob er sich das Virus nicht doch eingefangen hat und wenn es dumm läuft der lieb gemeinte Besuch Oma umbringen kann oder so.

Und so versinkt die Welt irgendwie im Absurdem. Mein DRK-Ortsverein überlegte seit letzter Woche, was denn nun mit dem Blutspenden wäre. Denn einerseits wird Blut dringend benötigt, anderseits soll man keine Menschen treffen. Letztendlich ist das Blutspenden nun abgesagt aber so wie ich unseren Ministerpräsidenten verstanden habe, wäre das ohnehin eine nunmehr illegale Veranstaltung gewesen.

Natürlich gibt es auch bereits die ersten eingefleischten Impfgegner! Die lassen sich von der Tatsache, dass wir wahrscheinlich noch Jahre von einem Impfstoff entfernt sind, wenig beeindrucken und erklären schon mal jedem, der es nicht hören will, dass sie sich jedenfalls keinesfalls gegen Corona impfen lassen werden. Achso, ja dann…

Die ersten Supermärkte fangen an, den Verkauf zu rationieren. Wäre eventuell etwas früher schon nicht ganz blöde gewesen. Man kriegt ja das meiste noch und Grund zur Panik gibt es eigentlich nicht. Aber wann brauchten Menschen in Panik dazu jemals einen sinnvollen Grund?

Einkaufswagen werden inzwischen immer öfter desinfiziert. Ich weiß nicht, ob das gut ist. Also, hygienisch gesehen ist es natürlich erstmal nicht schlecht. Aber andererseits entlässt man so die Leute wieder mal etwas aus ihrer eigenen Verantwortung – und wie gut und zuverlässig das mit dem Desinfizieren wirklich funktioniert, steht ja auch auf einem anderen Blatt.

In Niedersachsen gab es heute den 6. Todesfall. Einer dieser sechs starb in meinem Landkreis. Mit 87.

Gleichzeitig versucht die Bundesregierung, ihre Macht zu vergrößern. Was mich etwas anwidert. Selbst die Opposition gesteht angesichts der wirklich heftigen Situation der Regierung ja zu, gewisse zusätzliche Kompetenzen haben zu dürfen. Aber bitte mit Parlamentsvorbehalt und mit dem Recht für das Parlament, diesen Ausnahmezustand dann auch wieder zu beenden.

Der Staatskonzern Telekom hatte ja schon letzte Woche einfach so personenbezogene Kundendaten an die Forschung gegeben. Ohne die Kunden zu fragen, versteht sich. Wir haben eigentlich einen Datenschutz, der selbst die Speicherung der albernen IP-Adressen illegal macht aber Staatskonzerne können offenbar machen, was sie wollen… wobei ich das ja nicht mal wirklich falsch finden möchte. Wenn es etwas bringt, dann möge man das bitte machen. Aber rechtlich sauber darf es doch trotzdem bleiben.

Nein, muss es. Denn ansonsten brechen in einer Krise wie der aktuellen alle Dämme. Und das kann extrem schnell gehen – weil es ja jeder einsieht, dass man eben eventuell momentan Dinge einfach anpacken muss für den guten Zweck und so weiter. Das kann brandgefährlich werden und auch wenn sich jedenfalls im Bund die Opposition allmählich dann doch mal rührt – in erfreulich konstruktivem Ton bisher, was absolut angebracht ist – wird mir bisher zu wenig kritisch mit dem Grundtenor umgegangen, der offenbar grade für noch mehr Zentralismus glaubt werben zu müssen.

Obwohl eigentlich meiner Meinung nach die föderale Struktur Deutschlands bisher in dieser Krise nur Vorteile hatte und keinen einzigen Nachteil. Der Krise konnte bisher gut begegnet werden, nirgends gab es bisher überlastete Krankenhäuser. Das kann alles noch passieren, wir wissen es ja nicht. Aber bis hierhin gibt es überhaupt keinen Grund, Föderalismus abzubauen. Und trotzdem gibt es in der Bundespolitik Stimmen, die das fordern. Freilich ohne echte Probleme, die damit gelöst werden sollen, beim Namen zu nennen.

Wir sollten alle höllisch aufpassen, was da im Schlepptau mit dieser Jahrhundertkrise so alles beschlossen wird. Auch die besten Absichten – die ich da jedem erstmal unterstelle – können zu falschen Konsequenzen führen.