Corona-Tagebuch: Soziale Verkümmerung

Ein gewisser Herr Kubicki hatte von der Regierung wissen wollen, wie hoch sie die Zahl der Personen einschätzt, die sich vor Einführung der sogenannten „Bundesnotbremse“ nach 22 Uhr nicht an die geltenden Kontaktbeschränkungen halten. Denn die Notwendigkeit von Ausgangssperren wurde ja damit begründet, dass das massenweise der Fall sei.

Darauf hat er gestern eine Antwort bekommen, die man wohl sinngemäß mit „keine Ahnung“ übersetzen muss.

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Mit was für einer Bravour selbst drastische Methoden ohne auch nur den Ansatz einer tragfähigen Begründung angewandt werden, ist haarsträubend. Wir reden hier von etwas, das jedenfalls ich persönlich als letzte Stufe vor einem vollen Kriegsrecht betrachten würde. Eine wirklich extreme Verbotspolitik. Und die Regierung kann sie nicht mal begründen?

An diesem Wochenende fällt der Hafengeburtstag das zweite Mal in Folge aus. Oktoberfest ist auch schon abgesagt. Ich nehme an, dass allen positiven Entwicklungen zum Trotz auch dieses Jahr keines wird, in dem irgendeine nennenswerte Großveranstaltung stattfinden wird.

Wo der Hafengeburtstag im letzten Jahr noch ersatzlos ausfiel, wird er jetzt online „veranstaltet“. Gestern sah ich die Eröffnungsrede des Bürgermeisters. Ich glaube, die dauerte ungefähr eine Minute und enthielt eigentlich nur die üblichen Corona-Durchhalteparolen plus ein bisschen „oh mein Gott, ist der Hafen toll und wichtig“. Grandios unambitioniert. Aber damit irgendwie passend zum „Event“, denn im Wesentlichen besteht das daraus, dass man die Einlaufparaden aus den letzten Jahren einfach live streamt. Irgendwie sinnfrei, das Ganze.

Nächste Woche fällt dann das zweite Mal in Folge das Winsener Stadtfest aus. Auch da gibt es so eine Art Ersatzprogramm mit dem nach über einem Jahr Pandemie ja echt voll witzigen Motto „Stadtfest auf dem Sofa“ oder so ähnlich.

Weiß nicht. Letztes Jahr hätte ich beides noch so halbwegs wohlwollend zur Kenntnis genommen aber nachdem wir diese Art Phantomveranstaltungen nun ein Jahr lang hatten, ist das doch wirklich null originell. Mich interessiert nicht mal wirklich, was die da so machen wollen, hat man eh alles schon tausend Mal gesehen jetzt.

Und wenn es dann auch noch so halbherzig aussieht, wie das in Hamburg da jetzt (auch wenn ich da zugegebermaßen wirklich nur die öde Rede des Bürgermeisters gesehen habe), trägt das auch nicht grade dazu bei, dass man Lust kriegt, sich das ernsthaft zu geben.

Allmählich wird es Sommer. Es war die letzte Zeit wirklich arschkalt, das war den ganzen April so und auch diese erste Maiwoche noch. Aber morgen sollen es auf einmal bis zu 26 Grad werden. Das bleibt dann noch nicht ganz so warm aber es ist wohl zunehmend so, dass die Draußensitzen-Saison beginnt. Was noch fehlt, wäre allerdings die Erlaubnis, sich mit ein paar Leuten draußen hinzusetzen. Denn bis jetzt gelten immer noch ziemlich krasse Regeln. Bei Inzidenzen über 35 beispielsweise die 2-Haushalteregel. Und unter 35 wird die auch nur auf einen dritten Haushalt ausgedehnt.

Kulturveranstaltungen allerdings sind wieder erlaubt. Ich kann mich erinnern, dass ich das im letzten Jahr zum Anlass genommen hatte, mich einfach mit Leuten auf ein paar Bier zu treffen. Draußen, natürlich. Denn das ist jawohl auch irgendwo Kultur.

Aber wie gesagt: Dazu muss das Wetter erstmal ein bisschen wärmer werden und das scheint wohl, abgesehen von ein paar Ausreißern, noch etwas zu dauern.

Ich werde die Zeit also anders totschlagen. Ich werde noch etwas Bier brauen, denke ich. Und nächsten Freitag habe ich noch mal wieder ein Onlinetasting – dieses Mal von De Lütte. Die sechs Biere dafür habe ich mir Donnerstag schon abgeholt und bei der Gelegenheit auch noch ein paar andere feine Sachen dort erworben.

Aber auch meine letzten beiden selbstgebrauten Biere könnten ziemlich legendär werden. Das SMASH – Single Mash, Single Hop – das ich vor gut einer Woche abgefüllt habe, habe ich gestern mal getestet. Natürlich viel zu früh aber ich wollte gucken, ob ich Flaschenbomben baue, weil das Jungbier davon schon ziemlich viel Kohlensäure hatte. Aber das scheint sich sehr gut zu entwickeln. Es braucht noch eine Woche bei Zimmertemperatur und dann will ichs eine ganze Weile kaltlagern. Es schmeckt aber jetzt schon sehr vielversprechend.

Naja und das zweite Bier ist noch im Gäreimer, braucht noch ein paar Tage bis zur Abfüllung. Das wird aber auch was komplett durchgeknalltes, auf das ich mich jetzt schon sehr freue: Ein Peanutbutter Brown Ale. Jup.

Und auch für die nächsten 1-2 Biere habe ich jetzt schon lustige Ideen. Ich glaube, ohne dieses famose Hobby würde mir dieser ganze Pandemiescheiß echt hart auf die Eier gehen.

Aber es ist wieder Samstag und ich treffe wieder keine Leute. Das nervt mich jetzt, wo es in den üblichen pandemischen Abend geht, trotzdem sehr. Man verkümmert sozial regelrecht. Bescheuert.