Corona-Tagebuch: Durchgeimpft

In 7 Tagen habe ich medizinisch gesehen die sogenannte volle Immunität und in 14 Tagen dann auch aus Sicht der Vorschriften, die aus unerfindlichen Gründen 14 Tage vorgeben.

´Das Prozedere bei der zweiten Impfung ist natürlich genau wie beim ersten Mal, nur abzüglich des Papierkrams. Die Schlange vor dem Impfzentrum schien zunächst recht lang, dann wurde aber darauf hingewiesen, dass Astra-Zeneca-Kundschaft sich auch links anstellen könnte. Das betraf nur einige wenige aber die Schlange war damit dann deutlich kürzer und im Endeffekt dauerte es auch nicht länger, als beim ersten Mal, bis ich an der Tür stand. Dort war allerdings anders, dass die Desinfektionsstationen jetzt draußen standen, also schon vor dem „Türsteher“, der mir dieses Mal „B2“ auf den Bogen malte. Dann ging es rein und ich wurde in eine der Reihen vor den Anmeldeschaltern eingereiht. Die Anmeldeschalter waren dieses Mal aber nicht mehr den einzelnen Impfstoffen zugeordnet, zumindest nicht mehr so, dass es dagestanden hätte und da ich zwei Mal die Reihe auf Anweisung gewechselt habe, scheint das auch wirklich so zu sein.

Die Anmeldung ging insgesamt erheblich schneller vonstatten, auch wenn ich dort zunächst auch wieder albern lange stand, ohne, dass es irgendwie voran gegangen wäre. Aber als ich dran war, war ich da wirklich nur Sekunden, es wurde nur kurz geguckt, was ich denn bekomme und dann bekam ich auch schon die Ansage, wo ich hinzugehen hätte.

Nämlich zum Arzt. Hier standen dermaßen viele Menschen rum, dass ich schon dachte okay, das wird wohl dauern. War aber auch nicht so, keine fünf Minuten später saß ich bei einer Ärztin, die mich auch nur fragte, wie ich die erste Impfung vertragen hätte und überhaupt Impfungen und mich noch darüber aufklärte, dass die zweite Impfung bei Biontech unter Umständen ganz anders zuschlägt als die erste, auch wenn es so nicht kommen müsste. Ich sei darauf vorbereitet, entgegnete ich. Und dann ging es auch schon weiter zum Impfen. Das Team, das mich heute geimpft hat, war eher distanziert-professionell, während ich beim letzten Mal ein recht fröhliches Duo mit lockeren Sprüchen erwischt hatte. Ich war kurz enttäuscht aber auch bei dieser Station war ich ja nach Sekunden auch schon wieder fertig, hatte meinen Aufkleber und konnte gehen. Auch heute habe ich keine Sitzpause nach der Impfung gemacht, sondern bin direkt zum Auto. Allerdings zog es schon in der Sekunde, als ich aus der Halle trat, kurz heftig im Arm. Ich glaube, das hatte ich so nicht nach der ersten Impfung. Der Arm tut jetzt, zwei Stunden später, auch noch weh, das wiederum war damals auch so. Mal gucken, wie sich das weiter entwickelt. Ich gehe davon aus, dass ich morgen oder übermorgen sicherlich doch mal flachliegen werde. Zumindest bereite ich mich seelisch so ein wenig darauf vor.

Was ich nicht habe ist irgendein Zertifikat, irgeneinen Nachweis darüber, dass ich geimpft bin. Kommt eventuell ja in 14 Tagen oder so. Ich werde meinen Impfpass einfach abfotografieren, dann hab ich notfalls eine Art Nachweis immer dabei.

Davon abgesehen fühlt es sich gut an, wenn man für sich persönlich so richtig einen Haken hinter diese Pandemie machen kann. Denn was immer jetzt die weitere Entwicklung sein wird: Dass mich diese Krankheit erreicht, ist damit denkbar unwahrscheinlich geworden und schon in Kürze wird es eine ganze Menge Menschen in meinem Umfeld geben, auf die das auch zutrifft, so dass hier noch vor Ende dieses Monats wieder so ein wenig Sozialleben zurückkehren können wird. Was verdammt nochmal auch Zeit wird, zumal das Wetter jetzt wirklich allmählich brauchbar geworden ist.

Aber die Pandemie ist natürlich auch insgesamt grade an einem Punkt angekommen, wo sie wieder mal kaum noch eine Rolle spielt. Wir haben Stand gestern noch 25 Infektionsfälle im Landkreis gehabt, die Inzidenz war bei 7,1. Das sind langsam lächerlich niedrige Zahlen. In meiner Gemeinde gibt es ganze zwei Infektionsfälle in den letzten 7 Tagen.

Okay, in Uelzen stehen sie bei einer Inzidenz von 2 und in Goslar bei 0,7. Aber trotzdem: Ich denke, die Sommerpause der Pandemie ist jetzt wirklich da.

Etwas Wasser in den Wein gießt allerdings meine Beobachtung, dass der Impfzielrechner nun wieder auf die erste Septemberwoche gefallen ist und sagt: heute in 90 Tagen sei mal bei 70%. Es wird langsamer geimpft aktuell. Letzte Woche waren es zum Beispiel nur 4,7 Millionen Dosen. Und dieser Rechner nimmt einfach nur immer die Impfzahlen der letzten 7 Tage.

In Niedersachsen ist jetzt ein Fünftel so wie ich seit heute voll geimpft. Bei den Erstimpfungen werden wir in Kürze die 50%-Marke erreichen. Bundesweit sieht es ähnlich aus, nur bei den Zweitimpfungen hängt Niedersachsen immer noch etwas hinterher. 38 Millionen Menschen wurden bundesweit geimpft, gute 17 Millionen davon haben bereits vollen Impfschutz. Belgien, Dänemark, Italien, Österreich, Spanien, Portugal, Luxemburg, Frankreich, Schweiz, Polen, Niederlande, Schweden, Tschechien, China, Irland, Türkei, Russland, Indien sind alle langsamer. Das einzige größere europäische Land, dass vor uns liegt und wohl auch immer liegen wird, ist Großbritannien. Dort hat man gerade erreicht, dass 100 Impfdosen auf 100 Einwohner verimpft worden sind. Wir stehen in diesem Vergleich bei 65.

Und es gibt Länder wie Japan oder Neuseeland, die dort jeweils erst bei 14 stehen. Taiwan steht bei 2,9.

Neben meinem erneuten Impferlebnis kann ich noch berichten, wie sich derzeit Kreisvolkshochschulkurse in Präsenz anfühlen. Nämlich zusammengefasst ein wenig bekloppt und surreal. Man darf so etwas in einem gewissen Umfang machen, auch in Präsenz. Aber es gelten eben die üblichen sattsam bekannten Auflagen. Neuerdings in der entschärften Variante, also darf man die Maske am Platz wieder abnehmen, während das noch vor Wochen anders aussah. Wer aufsteht, egal wohin, setzt sie auf. Der Sinn erschließt sich mir nicht wirklich, natürlich halten sich alle brav dran, auch wenn keiner den Sinn versteht.

Natürlich ist auch die Teeküche gesperrt. Weil…? Ach, scheißegal. Es bringt nichts, diese Regelungen begründen zu wollen, sie passen sowieso nicht zusammen, sind genau so willkürlich, wie sie wirken und das beste, was man über sie urteilen kann ist wohl, dass sie sicherlich mal gut gemeint sein mögen.

Meine Lieblingsregel ist die mit den offenen Fenstern. Das ist eine ganz tolle Regel, wenn das Gebäude direkt an einer der meistbefahrenen Bahnstrecken Deutschlands steht und man alle 5 Minuten mitten im Satz aufhören muss, zu reden, weil sowieso keiner mehr was versteht. Hat was von Slapstick.

Tja, aber wie dem auch sei: Auch dieser Blödsinn neigt sich hoffentlich seinem Ende. Ich kann mich darüber ohnehin nur noch amüsieren.