Corona-Tagebuch: 4 Wochen App und neuer Shutdown in Israel

Es gibt immer wieder so Leute, die finden, dass die Corona-Warn-App ein Flop sei. Das wird immer ulkig begründet. Zum Beispiel damit, dass man ja gar nicht messen könne, was sie bisher gebracht hätte. Oder, weil sie „nur“ von soundsoviel Millionen Menschen genutzt wird, statt von soundsoviel plus 1 Millionen Menschen.

Letzte Woche waren die ersten vier Wochen mit der App rum und somit wurde mal wieder ein bisschen auf Zahlen geluschert. Die das RKI auch lieferte. Wenn mans nüchtern betrachtet, kann man eigentlich nur beeindruckt sein.

Denn gut 4 Millionen Downloads pro Woche sind zweifellos ein guter Erfolg für eine App. Wenn man das nicht erkennt, hatte man eventuell nicht realistische Erwartungen.

500 Infizierte nutzten die App bisher, um etwaige Kontakte zu warnen. Man hat bereits in dieser sehr kurzen Phase verschiedene Fehler finden und ausbessern können und die Weiterentwicklung der App ist angelaufen und als nächstes kann man über die App sein Testergebnis direkt beziehen

Die Zahl der Labore, die die App jetzt schon unterstützen, ist von 15 auf 60 Prozent gestiegen und in absehbarer Zeit ist mit flächendeckender Unterstützung zu rechnen.

Das alles wie gesagt bereits nach vier Wochen. Vier Wochen von vielleicht Jahren oder Jahrzehnten Pandemie, in denen die App ihren Beitrag leisten soll, sie weiter gut im Griff zu behalten. Ich denke, das ist ein guter Anfang.

Ich finde die Funktionsweise der App unter dem Strich hilfreicher, als sämtliche anderen Maßnahmen, vom Aussetzen praktisch sämtlicher Großveranstaltungen vielleicht mal abgesehen.

Im Landkreis Harburg haben wir unterdessen trotz weitgehend unveränderter Regeln eine Fallzahl wie vor einem Monat. Das sieht aber auch nur nach viel aus, wenn mans eben auf die Phase nach der ersten Welle, die Ende Mai zuende ging skaliert. Sieht man sich die kumulierte Fallzahlen-Kurve an, ist die Linie seit dem Ende der eigentlichen Welle relativ geradlinig.

Wohlgemerkt ist sie so geradlinig, obwohl in der Zwischenzeit alle möglichen Dinge gelockert wurden sind.

Das ist aber auch das Trügerische: Es wirkt so, als hätte man alles unter Kontrolle. Naja, hat man ja eigentlich auch. Aber dass das im Zweifel gar nichts heißt, zeigt aktuell das Beispiel Israel, wo es bis vor kurzem ähnlich gut aussah. Aktuell erlebt das Land seine zweite Welle – und die ist jetzt schon wesentlich heftiger als die erste:

Quelle Internet

Ich habe die Situation in Israel jetzt nicht wirklich verfolgt aber zumindest jetzt, wo das Land in einen neuen Shutdown geht, liest man viel über Proteste dagegen. Irgendwo verständlich, einerseits. Aber andererseits, nunja, die Situation ist eben jetzt schon drei mal so schlimm, wie beim ersten Shutdown.

Je länger die Situation auch bei uns im Prinzip unter Kontrolle scheint, desto schwieriger ist es aber auch bei uns, Beschränkungen noch aufrecht zu erhalten. Ich habe es ja eingangs anhand der Kurven aus meinem Landkreis gezeigt: Mittlerweile ist eine Zahl von 12 Infizierten kreisweit etwas, das die Kurve heftig ausschlagen lässt. Heute vor zwei Monaten hatten wir aber fast 200(!) Infizierte.

Wie lang wird man es hinkriegen, die ganzen mittlerweile eher symbolisch wirkenden Regeln noch aufrecht zu erhalten?

Sie sind wirklich eher symbolisch, meiner Meinung nach. Meine Eltern waren am Wochenende Kegeln und erzählten, dass man, wenn man durch den Kneipen-Vorraum der Kegelhalle geht, eine Maske tragen muss, während des Kegelns selbst, wo man sich eben in einem halbwegs abgetrenntem Raum befindet, wiederum nicht. Tut mir Leid auf diese Weise lindert man die Infektionsgefahr mit Sicherheit kein Stück, sondern hier geht es eben wirklich nur noch um die Gängelung der Leute und maximal darum, ihnen klar zu machen, dass immer noch Pandemie ist.

Und am tieferen Sinn solcher Maßnahmen habe ich dann wirklich meine Zweifel. Man frustriert die Leute und zeigt ihnen, dass man sie für bescheuert hält. Und vergrößert damit die Opposition gegen solche absurden Regeln.