In meiner Stadt ist eine Feuerwehrfrau im Einsatz ein paar km/h zu schnell gefahren. Die Staatsanwaltschaft hat jetzt entschieden, das Verfahren einzustellen. Große Empörung bei einem Regelfetischisten, der die Einhaltung von Regeln über das Leben von Menschen stellt.
Und dem ich so ausschweifend geantwortet habe, dass ich es hier auch noch mal festhalten wollte. Ich zitiere mich also selbst:
Mag sein, dass einer von uns „keinen Plan“ hat. Du behauptest, eine juristisch begründete Entscheidung sei demnach falsch. Der Staatsanwalt und ich haben Deiner Meinung nach also weniger Ahnung als Du. Das mag schon sein, wer weiß.
Allerdings ist es eben – jedenfalls laut Gesetz – nicht so, dass Sonderrechte im Straßenverkehr von außen erkennbar sein müssen. Ich zitiere mal ein paar Absätze:
„Von den Vorschriften dieser Verordnung sind die Bundeswehr, die Bundespolizei, die Feuerwehr, der Katastrophenschutz, die Polizei und der Zolldienst befreit, soweit das zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist.“
Eindeutig der Fall.
„Fahrzeuge des Rettungsdienstes sind von den Vorschriften dieser Verordnung befreit, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden.“
Ebenfalls eindeutig der Fall.
„Bei Fahrten, bei denen nicht alle Vorschriften eingehalten werden können, sollte, wenn möglich und zulässig, die Inanspruchnahme von Sonderrechten durch blaues Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn angezeigt werden.“
Zulässig wäre es in diesem Fall nicht gewesen, weil Privat-PKW solche Warnsignale nicht einfach so führen dürfen. Möglich wäre es nur dann gewesen, wenn solche Warnsignale installiert gewesen wären. Eine Bedingung ist es offenbar aber nicht.
Richtig ist, dass ein Feuerwehrfahrzeug, dass über funktionsfähiges Blaulicht und Martinshorn verfügt, dieses einsetzen muss, wenn es Sonderrechte im Straßenverkehr wahrnehmen soll. Dort ist beides aber normalerweise auch vorhanden, ist also ein ganz anderer Fall.
Soweit die Straßenverkehrsordnung.
„Natürlich hat sie sich was zu Schulden kommen lassen,daher ja das Blitzer Foto“
Ein Blitzer löst aus, wenn eine höhere Geschwindigkeit gefahren wird, als erlaubt ist. Der würde also auch trotz Blaulicht und Martinshorn auslösen, auch wenn Du das jetzt vielleicht kaum glauben kannst. Ein Blitzer ist ein dummes Gerät, das ausschließlich Geschwindigkeit misst. Die Notwendigkeit hinter der Geschwindigkeit kann das Gerät aber nicht erfassen. Die lässt sich aber im Nachhinein wunderbar rekonstruieren, weil ja durchaus aktenkundig wird, wenn ein Alarm ausgelöst wird. Ein Missbrauch ist also ausgeschlossen.
Und natürlich hat die Feuerwehrfrau sich nichts zu Schulden kommen lassen, weil sie offensichtlich dem Verkehr angemessen und sicher gefahren ist – nur eben schneller, als es normalerweise erlaubt gewesen wäre. Hier greift aber wieder das oben zitierte Gesetz mit den Sonderregeln.
Es gibt haufenweise Verkehrssituationen, in denen man problemlos schneller fahren kann als erlaubt und trotzdem keine anderen Verkehrsteilnehmer und auch sich selbst nicht gefährdet. Ich weiß nicht, warum Du davon ausgehst, dass hier jemand gefährdet worden wäre. Nichts spricht dafür. Natürlich darf auch die Feuerwehr auch im Einsatzfall und übrigens auch mit Blaulicht und Martinshorn niemals andere gefährden.
Nein, „umsichtig“ heißt eben nicht, dass man sich bloß an alle Regeln halten muss und ansonsten das Hirn abschalten darf. Eigentlich ist dass das Gegenteil von umsichtig. Es bedeutet, dass man die Situation umfassend im Auge hat und sich ihr angemessen verhält. Und dann kann man auch mal 60 oder 70 fahren, wo nur 50 km/h erlaubt sind. Ist natürlich nicht erlaubt – außer, man ist gerade in einem gesetzlich entsprechend definierten Einsatz.
„Zum Schluss noch eins
Sie ist ein normaler Teilnehmer wenn sie nicht zu schnell gefahren wäre“Wenn Rettungsdienste im Einsatz für dich „normale Teilnehmer“ am Verkehr sind, kannst Du das so sehen. Der Gesetzgeber sieht das anders, die Staatsanwaltschaft auch. Aber es ist ein freies Land, natürlich darfst Du das trotzdem anders sehen als alle Anderen.
„Und dafür eben die strafe“
Es gibt keine Strafe.
„Und laut „befehl“hat ihr auch keiner gesagt sie soll zum Gerätehaus rasen und noch mehr Menschen dadurch in Gefahr bringen“
Und das ist ja auch nicht passiert. Wohl aber bedeutet der Befehl, dass sie, sofern es die Verkehrssituation zulässt, schneller fahren kann, als es erlaubt ist. Natürlich geht sie damit das Risiko ein, geblitzt zu werden und entsprechenden Ärger am Hals zu haben, der eigentlich überflüssig ist.
Aber sie wäre wohl nicht Feuerwehrfrau geworden, wenn ihr persönliche Unannehmlichkeiten zu vermeiden wichtiger wären, als Menschenleben zu retten.
Was mich zu der Frage bringt, was genau eigentlich Dein Problem ist. Sind Dir Menschen in Not egal oder hast Du einfach nur ein Problem mit Leuten, die diesen helfen wollen?
Quelle: „Winsen Luhe das bist Du“ auf Facebook, 3. April 2019