Corona-Tagebuch: Wacken fällt aus

Es ist jetzt an sich keine Überraschung, dass Festivals mit zigtausenden Teilnehmern aus aller Welt in diesem Sommer eher nicht stattfinden. Aber erstaunlich und bemerkenswert finde ich schon, dass man dies erst knapp zwei Monate vorher endgültig verkündet hat. Die Meldung kam nämlich erst gestern.

Ebenfalls gestern habe ich erstmals vergessen, meine Maske aufzusetzen. Für zwei Sekunden. Als ich bei Oma aus der Wohnung in den Flur bin, ohne vor dem Öffnen der Tür das Ding umzuschnallen. Fiel mir dann aber doch ein und ich habe einfach kurz die Luft angehalten, während ich meinen Fehler korrigiert habe. Frage mich dennoch, ob das jetzt allgemeine Nachlässigkeit oder schon böswillige Ignoranz angesichts der niedrigen Zahlen war, die der Tatsache, dass sowohl ich selbst als auch jeder in dem Gebäude geimpft gewesen ist sowie der dort bei warmen Temperaturen sowieso immer geöffneten Türen nach außen, wegen denen ein angenehmes Lüftchen jegliche Aerosole von den Fluren pustet, geschuldet sind. Ich bin da unschlüssig. Aber da es mir eigentlich auch egal ist, könnte tatsächlich Letzteres der Fall sein.

Albern niedrige Zahlen? Joa. Gestern waren es noch 37 Infizierte kreisweit. In Summe, nicht etwa Neuinfektionen und nicht einmal mehr Inzidenz. Nun spielte sich die Flurszene zwar im Nachbarlandkreis ab, wo die Inzidenz bei vergleichsweise hohen 18 liegt, während wir hier 7,5 zählen. Aber die Gefahr war wohl dennoch überschaubar.

Es ist jetzt auch so, dass fast tägllich irgendwas Anderes öffenen darf. Selbst Hallenbäder öffenen in Kürze. Insofern ist die Wacken-Absage schon irgendwie gegen den Trend aber wie gesagt: Eigentlich nicht überraschend, denn es macht natürlich einen infektionstechnischen Unterschied, ob sich 80.000 ungewaschene Metalheads aus aller Welt die Dixiklotürklinken in die Hand geben und sich gemeinsam in Schlamm und Erbrochenem wälzen oder, ob sich drei Leute im Biergarten treffen und ihre Geschichten der nichtvorhandenen Erlebnisse aus den letzten Monaten austauschen.

Während also die Pandemie auf dem Rückzug ist, ist die tumbe Impfgegnerschaft der Dümmsten allerdings weiterhin nicht totzukriegen. Neueste Masche: Die, die stolz darauf sind, sich nicht impfen zu lassen, erklären sich zur „Kontrollgruppe“ und loben pseudolustisch Geimpfte.

Natürlich nicht, ohne wie gehabt durchschimmern zu lassen, dass eine Impfung potenziell tödlich endet. Was für ein dummes Volk, ey.

Man findet auf Facebook und auch anderswo zahllose Profilbilder, auf denen total stolz darauf hingewiesen wird, dass man es hier mit einem Nichtgeimpften zu tun hätte. Die denken dann, sie wären so richtig geile Widerstandsakämpfer. Während alle anderen sich frage, was zum Teufel das eigentlich für Dödel sind und warum sie ihr Dödeltum so bereitwillig der ganzen Welt mitteilen möchten. Wenn sich einer von denen mal aus versehen in die Hose scheißt, postet er dass dann auch stolz auf Facebook, weil er erfolgreich Widerstand gegen die WC-Mafia und ihre Geldmacherei geleistet hat?

Es ist schon absurd, was die Pandemie aus manchen Leuten macht. Darunter Leute, die man bis letzten Frühling für völlig zurechnungsfähig gehalten hätte.

Was sich allerdings auch beobachten lässt ist, dass die Zahl dieser Deppen abnimmt. Und zwar nicht, weil die alle an Corona sterben würden… offenbar werden da nur einfach Manche von der Realität eingeholt. Sie merken, dass es immer noch keine Diktatur gibt, sehen, dass Impfungen doch nicht Millionen Menschen umbringen, sind es vielleicht auch ein bisschen Leid, sich wegen der Masken zeternd aufzuregen und rumzudiskutieren.

Es kehrt also ein wenig vernunft ein und das äußert sich zum Beispiel darin, dass die bescheuerten Demos immer weniger Zulauf haben.