Corona-Tagebuch: Pandemien dauern übrigens Jahrzehnte

Wir haben derzeit mal wieder 10 Infizierte. Das ist für die Zeit nach der Welle eher so im oberen Drittel aber es pendelt einfach die ganze Zeit.

Allerdings sinken Amplitude und Periodendauer von Mal zu Mal. Wenn man in dieser Corona-Angelegenheit überhaupt irgendwas mit Gewissheit sagen kann, dann doch wohl, dass das Infektionsgeschehen jedenfalls bei uns hier unter Kontrolle ist und tendenziell auch immer mehr unter Kontrolle gerät.

Die Diskussion um die Maskenpflicht scheint erstmal wieder abgeklungen zu sein. Dazu beigetragen haben dürften auch ulkige Meldungen aus Mallorca, wo ein paar tausend Deutsche so Urlaub machen, dass die ganzen Sauf-Etablissements nach dem ersten Wochenende schon wieder zumachen mussten. Nicht, dass es da irgendeinen realen Zusammenhang gäbe. Der Sinn der Maßnahmen wird aber ja sowieso mehr nach Gefühl definiert als anhand irgendwelcher Fakten. Ich glaube, dass das von Anfang an so war aber am Anfang war es wenigstens gerechtfertigt, weil man nunmal zu wenig wusste und sich eben rantasten musste. Inzwischen könnte man hier und da durchaus mal Experimente wagen, um optimale Regelungen zu ermitteln. Aber wenn auch nur ein einziges Bundesland unverbindlich damit liebäugelt, an der Maskenpflicht irgendwas zu lockern, dreht eine beängstigend große Zahl von Leuten sofort durch und wittert den baldigen Untergang des Abendlandes. Rational ist das nicht. Ich bin nicht sicher, ob es wenigstens verständlich ist.

Irgendwann diese Woche war es mal ne Meldung, dass die 200.000 Infizierten geknackt worden wären.

Der nicht erkennbare, vielleicht gar nicht vorhandene, vor allem psychologisch wirkende Effekt von Masken, die uns die ganze Zeit daran erinnern sollen, dass Pandemie ist (nachdem sie uns dazu erzogen haben, uns jedenfalls nicht mehr an Sicherheitsabstände zu halten, weil wir einfach bescheuert sind), soll also bestehen bleiben. Unterdessen darf man ansonsten viel mehr. Chöre dürfen zum Beispiel wieder singen. Vorzugsweise im Freien und vor und nach dem Singen muss der Mundschutz wieder aufgesetzt werden. Die Räume, wenn man drinnen singt, müssen eine Deckenhöhe von mindestens 3,50 Metern haben.

Auszug aus dem Hygienekonzept des Landesmusikrates Niedersachsen. Hier zu finden.

Jeder weiß, dass Singen die Ansteckungsgefahr drastisch erhöht. Putzig, dass man vorher und hinterher Masken tragen soll. Putzig auch, dass die Feuerwehr immer noch keine Übungsdienste abhalten kann. Sie dürfte unter bestimmten Umständen aber die Stadt kriegt es irgendwie nicht hin, für ausreichend viele Desinfektionsspender zu sorgen. Keine Ahnung, warum. Am Geld wird es nicht liegen. Und auch wenn es vor Monaten mal nicht ganz so einfach gewesen sein mag, an solche Gerätschaften und Desinfektionsmittel zu kommen, dürfte auch das mittlerweile kein Problem sein. Aber Fakt ist: sie sind nach wie vor nicht da und die Feuerwehren in der Gemeinde damit abgesehen von Einsetzen einfach außer Betrieb.

Polizei funktioniert hingegen weiterhin. Jüngstes Highlight: Man benutzt die erzwungenen Aufzeichnungen von Restaurants, die ja immer schön notieren müssen, wer wann da war und so, um eventuelle Infektionsketten ermitteln zu können. Die Polizei ermittelt darüber zum Beispiel Tatverdächtige und Zeugen. Würde ich an ihrer Stelle zwar auch tun. Aber das ist einfach wieder mal so ein Beispiel, wie gesammelte Daten sofort zu gewissen Begehrlichkeiten führen, derentwegen man diese Daten aber eigentlich nie gesammelt hat.

Mich bringt das zu zwei Überlegungen: Erstens trage ich da im Zweifel vorzugsweise Donald Duck mit der Rufnummer 555-SHOE statt meiner richtigen Daten ein – und sei es nur aus Prinzip. Zweitens gehört diese App auf jedes verdammte Smartphone, damit so ein Unsinn mit Papierlisten einfach nicht mehr sein muss.

Natürlich muss man dann auch noch gucken, wie man so Leuten wie gewissen Familienangehörigen meinerseits beibringt, ihr verdammtes Handy einfach immer, immer mitzunehmen, wenn sie unter Leute gehen.

Aber andererseits habe ich in den letzten Tagen öfter mal von Menschen fortgeschritteneren Alters in meinem Umfeld gehört, dass sie zum Beispiel manchmal auch einfach einkaufen gehen und ihre Maske vergessen. Und dann wird halt vor Ort im Zweifel eine gekauft. Natürlich total überteuert.

Für mich irgendwie schwer vorstellbar, solche Dinge einfach nicht mitzunehmen. Rangiert für mich in der gleichen Liga wie kein Geld dabei haben, wenn man einkaufen geht. Oh ja, passiert mir schon auch mal. Neulich erst hab ich das Portemonaie im Auto liegen lassen, was mir erst an der Kasse eingefallen ist, als ich zwar noch nicht dran aber jedenfalls das Band komplett vollgeladen hatte. Sowas passiert mir vielleicht alle 10-20 Jahre mal. Aber meiner Oma ist es jetzt mindestens zwei Mal passiert, dass sie die Maske vergessen hat, als sie einkaufen wollte. Mein Vater hat aus Angst, dass das mal passieren könnte, beide Autos mit einem Umschlag mit mehreren Einmal-Masken bestückt.

Mir ist diese Angst fremd und ich weiß auch nicht, wie man das Teil einfach vergessen könnte. Ja, letzte Woche irgendwann wäre ich fast mal ohne Maske losgefahren. Aber bevor ich ins Auto einsteige, checke ich mich normalerweise kurz selbst: Schlüssel? Handy? Geld? Maske? Wenn irgendwas davon fehlt, kann ich nicht los. Schlüssel und Geld erklären sich von selbst. Ohne Handy müsste ich im Auto Radio hören, was eine absolute Horrorvorstellung ist. Und ohne Maske lassen die Leute mich nicht in den Laden oder ich muss unnötig Geld für Ersatz ausgeben, beides doof.

Ich vergess das Ding schon aus Geiz und Bequemlichkeit nicht, wie es scheint.

Hoffentlich bleibt das so.

Was mich ansonsten zunehmend umtreibt, ist die Aussicht, dass es mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit nie einen Impfstoff geben wird. Vielleicht eigentlich nichts Neues aber etwas, das man regierungsseitig bisher immer gut zu vertuschen gewusst hat, in dem man so getan hat, als sei es mehr oder weniger eine Frage der Zeit, bis es Impfstoffe gibt. Ganze Verschwörungserzählungen basieren darauf, dass möglichst bald (oder auch „viel zu bald“, wie die Verschwörungserzähler meinen) absolut jeder geimpft werden würde.

Allerdings gibt es zwar schon immer Corona-Viren und schon immer haben die teilweise auch große Opfer gefordert. Nie so wie 2020, klar. Aber jedenfalls genug, um eventuell eine Forschung an Impfstoffen zu rechtfertigen. Aber es gibt gegen kein einzelnes Coronavirus einen Impfstoff bisher. So wie es auch gegen HIV keine Impfung gibt.

Was, wenn sich das einfach nicht ändern lässt, jedenfalls nicht die nächsten Jahre, vielleicht Jahrzehnte?

Ich glaube, man sollte sich gedanklich so langsam mal auf diese Möglichkeit einstellen. Als Möglichkeit, nicht als Gewissheit. Kann so kommen, muss es nicht. Aber wenn, wie machen wir das dann? So weitermachen wie bisher? Schwer vorstellbar.

Ebenfalls von offizieller Seite genährt wurde bisher gern die Vorstellung, dass die Sache nach ein paar Monaten oder zumindest im kommenden Jahr mit einiger Sicherheit vorbei sein könnte. Im Sommer wären Infektionen kein Problem und danach die Sache quasi erledigt. Wir erleben: Nö, Sommer hilft vielleicht ein bisschen aber im Wesentlichen sind es unsere Verhaltensweisen, die eine Ausbreitung verhindern.

Vor Monaten hat sogar Dr. Drosten himself sinngemäß erklärt, dass er davon ausgeht, dass im Sommer 2021 die Pandemie quasi beendet wäre. Er hat nicht weiter ausgeführt, wie er darauf kommt. Ich habe das damals erstmal so als gegeben hingenommen.

Aber wenn man sich ansieht, wie Pandemien normalerweise so drauf sind, merkt man schnell, dass die in der Regel nicht nach ein oder zwei Jahren vorbei sind.

Die können Jahrzehnte bleiben. Jahre sind normal. Selbst die in diesen Tagen immer wieder als Beispiel einer Pandemie gebrachte Spanische Grippe wütete zwischen 1918 und 1920, also in 3 Jahren. Bis 1990 gab es weltweit eine Cholera-Pandemie, die fast 30 Jahre andauerte. HIV gibt es seit 40 Jahren bei fast 40 Millionen Toten.

Quelle: Internet

Muss alles nichts heißen, klar. Aber diese anfänglich mal vorgetäuschte Gewissheit, dass man das in absehbarer Zeit auf jeden Fall im Griff haben könnte, hinter die muss man echt mal ein dickes Fragezeichen machen. Was soll sowas bloß?

Wie dem auch sei: Es ist Freitag. Wochenende. Und, anders als die letzten Wochen, mal wieder brauchbares Wetter. Es sieht nach einem bierigen Abend am Elbstrand aus. Seit man sowas wieder machen darf, gehört jede Gelegenheit genutzt.