Gestern war es soweit: Die Inzidenz im Landkreis stieg über die 35er-Marke. Vorgestern waren es schon 32, gestern dann 41. Wieder mal habe ich den Überblick verloren, was jetzt ab wann genau gilt. Da in meinem Umfeld inzwischen aber wirklich jeder geimpft ist, spielen solche Fragen zugegebenermaßen auch mittlerweile nur noch eine Nebenrolle, solange das nicht wieder komplett in Lockdowns mündet.
Aber die schließen Regierungen der meisten Länder immer mehr aus. Was interessant ist, weil zum Beispiel Israel inzwischen wieder über einen solchen nachdenkt aber dort waren die Inzidenzen eben auch immer schon deutlich krasser.
Hierzulande fragt man sich immer noch, warum die Deutschen als Einzige die Maskenpflicht behalten müssen. Wenn man sieht, wie sich die Inzidenzen bundesweit entwickeln, muss man in der Tat den Eindruck haben, dass die so viel oder so wenig bringen, wie immer schon. Im Bundesschnitt ist die nämlich bei 44 angekommen. In einigen Ländern liegt sie auch schon wieder über 70. Man will einmal mehr Reiserückkehrer als Problem identifiziert haben. Für die gibt es übrigens eine Testpflicht, auch für Geimpfte. Die ist rein theoretisch, weil es die Behörden einfach nicht interessiert. Wieder mal so eine Regelung, die auf unterschiedliche Art fragwürdig ist.
Die gute Nachricht ist, dass nur eine winzige Minderheit der Intensivpatienten dort wegen Corona liegt. Das Kernproblem der Pandemie ist also im Griff. Das scheint auch in Ländern mit sehr viel höherer Inzidenz der Fall zu sein.
Die Impfkampagne ist in ihrer letzten Phase. Man zieht jetzt alle Register und versucht, die Impfungen so niederschwellig wie irgendwie möglich anzubieten. Man besucht Schulen und Autobahnraststätten, Schützenfeste und Supermärkte. Es gibt Angebote für Firmen und Vereine, noch ungeimpfte Mitarbeiter oder Mitglieder als Gruppe anzumelden. Es gab auch verschenkte Bratwürste nach der Impfung als Belohnung. Man versucht wirklich alles. Und ja, das funktioniert sogar. Weil es offenbar wirklich eine Menge Leute gibt, die der Impfung nicht allzuviel Priorität eingeräumt hatten und deswegen immer noch ungeimpft sind.
Ich nehme an, dass praktisch jeder, der auf solche Angebote eingeht, das bisher einfach verdödelt hatte. Wer es bewusst wollte (und medizinisch konnte – denn auch das kann nicht jeder, auch jetzt nicht), der hat längst seine Impfung. Wir liegen da in den letzten Zügen.
Gleichzeitig machte die Runde, dass die Impfquote möglicherweise erheblich höher ist als offiziell gezählt. Da hört man aktuell leider gar nichts mehr von, weil wir erst diese fürchterliche Flutkatastrophe in Süddeutschland hatten und sich jetzt grade alle über Afghanstan aufregen, wo die Bundesregierung wohl einen großen Teil ihrer ehemaligen afghanischen Helfer der grausamen Hinrichtungsmethoden der Taliban meinte, ausliefern zu müssen, weil Horst Seehofer was gegen Ausländer hat (grob zusammengefasst).
Vielleicht wird da jetzt ja noch mal genau nachgezählt. Aber ich bleibe dabei, dass es eher unwahrscheinlich ist, 85% Impfquote zu erreichen. Wenn man jedenfalls Kinder ausnimmt.
Diese Woche hat allerdings die Ständige Impfkommission STIKO empfohlen, auch Kinder zu impfen. Also vielleicht machen das ja jetzt wahnsinnig viele und dann hat man diese eigentlich sehr hohe Impfquote irgendwann doch. Obwohl es offenbar in Elternkreisen schockierend viele gibt, die finden, sich selbst impfen wäre grade noch so okay gewesen aber bei Kindern sei das total unverantwortlich. Als ginge es um sonst was. Da wird viel Panikmache betrieben und die scheint sich in gewissen Kreisen ganz schön hochzuschaukeln.
Gut, aber selbst wenn die Impfquote erreicht wird, haben wir halt immer mal die nächsten 2-3 Varianten oder die Impfkampagne muss in Form einer Auffrischung bei den im Januar geimpften wieder weitergehen.
Wir werden noch ne ganze Weile weiterimpfen, so oder so. Die Herausforderung wird sein, die Leute dazu zu kriegen, das regelmäßig machen zu lassen. Ich bin so ziemlich das Gegenteil eines Impfgegners und habe die Corona-Impfung zum Anlass genommen, einfach mal kreuz und quer alles auffrischen zu lassen, was ich so an Impfungen hatte. Stellt sich raus: Das war auch echt mal Zeit.
Will heißen: Ich habe absolut keine Probleme mit Impfungen aber mir geht es so, wie mit den Dödeln, die bisher keinen Impftermin auf die Reihe gekriegt haben: Ich habe einfach nicht dran gedacht, dem keine Priorität beigemessen. Wohlwissend, dass es eine feine Sache ist, das eigene Immunsystem auf diese Art gelegentlich zu schärfen. Vergangenen Montag zum Beispiel kam die Dröhnung gegen Zeckenbisse.
Wenn jemand wie ich, der wirklich keine Probleme mit Impfungen hat und auch tendenziell gut ind er Lage ist, einen Impftermin zu organisieren und dann auch wahrzunehmen, schon so dödelig damit ist, wird es absolut unmöglich sein, 85% der Bevölkerung dazu anzuhalten, sich einmal im Jahr oder sogar halbjährlich nachimpfen zu lassen. Selbst für ein paar Jahre wird das äußerst schwer.
Vielleicht ist das der Hintergrund dafür, dass man in verblüffend kurzer Zeit den digitalen Impfpass hatte und es nun erfreulich einfach ist, den bei Gelegenheit vorzuzeigen, so dass man den jeweiligen Impfstatus und seine Gültigkeit zu etwas machen kann, das im Alltag relevant ist. Wenn ich nicht mehr ins Kino kann, weil ich nicht geimpft bin, lasse ich mich vielleicht doch lieber impfen und das auch regelmäßig auffrischen.
Kino war ich übrigens kürzlich. Und das war auch das erste Mal, dass ich mein digitales Impfzertifikat vorzeigen musste. Das funktioniert durchaus hervorragend, allerdings wird das aus anderen Gründen schnell zu einer technischen Herausforderung. Denn nun läuft ja alles digital. Und dem „Kartenabreißer“ an der Treppe zu den Sälen muss man nun sein digitales Ticket vorzeigen, dann „kurz“ die App wechseln und das digitale Impfzertifikat zeigen. Und dann noch mal wechseln und beweisen, dass man sich bei Luca eingeloggt hat. Der letzte Teil war ihm irgendwie egal aber ich habe auch sonst keinen gesehen, der die Luca-Codes vor Betreten gescannt hätte. Luca ist sowieso ein Reinfall, immer noch. Die Daten will keiner haben, sie werden auch nicht vernünftig erfasst. Und ohne Internet kann man sie auch gar nicht nutzen – was in einem Betonbunker wie dem Kino leider schonmal der Fall ist. Positive Nebenwirkung davon: Neuerdings gibt es – mutmaßlich deswegen – gratis WLAN. Im Kino. Hell freezes over.
Okay, kommen wir mal zum Fazit. Also die Situation ist einigermaßen diffus. Die Pandemie spielt im Alltag praktisch immer weniger eine Rolle und abgesehen von den Masken und Hygienekonzepten vor Ort spielen auch Beschränkungen kaum noch eine Rolle. Im privaten Bereich kümmert sich keiner mehr um irgendwas. Das hatte ich auch so vorausgesagt, als es hieß, dass Geimpfte nicht mehr mitgezählt werden müssen. Das war eigentlich der Moment, in dem die Pandemie für den privaten Bereich geendet ist. Jedenfalls, wenn das so bleibt.
Dass das so bleibt, ist nicht garantiert. Es ist aber wahrscheinlich. Für mich sieht es so aus, als würde die Pandemie als Fadeout enden. Es gibt nicht diesen Tag x, an dem sich irgendwer hinstellt und sagt so, vorbei jetzt. Sondern es wird einfach nach und nach alles an Beschränkungen aufgehoben.
Nun haben wir in ein paar Wochen Bundestagswahl und ich schätze, dass erst nach der in Deutschland eine wirklich neue Linie in Sachen Corona kommen kann. Aber so, wie es jetzt aktuell geregelt ist, halten wir das auch noch bis Oktober gut aus. Dass im privaten Bereich alles erlaubt ist, lässt ein fast normales Leben zu. Die übrigen Beschränkungen verhindern jedenfalls aktuell auch eher wenig. Wenn jetzt wegen der Inzidenzen (ich nehme an, dass die spätestens innerhalb der nächsten Wochen bundesweit dreistellig werden) doch noch weitere Einschränkungen dazu kommen, muss man mal gucken, inwiefern sich das ändert.
In diesem Sinn: Auf gehts in Welle 4. Für die prognostiziere ich, dass sie hoch werden wird – aber dabei glücklicherweise eher harmlos bleibt. Irgendwann zwischen März und Juni wird sie wieder enden und dann gucken wir mal, ob ich recht hatte.