Corona-Tagebuch: Vor lauter Langeweile Knoblauch fermentiert

Okay, ich war diese Woche drei(!) mal einkaufen und habe jedes Mal im Prinzip nur Bier und ein paar Albernheiten wie ne Tüte Pistazien, frischen Knoblauch oder ner Tüte Spaghetti gekauft. Auf diese Weise habe ich es aus Versehen hinbekommen, Bier für um die 70 Euro zu kaufen.

Nicht, dass ich dringend Bier in rauen Mengen benötigt hätte (und raue Mengen sind es ehrlich gesagt auch gar nicht geworden) aber wenn ich durch ne Bier-Abteilung gehe, kaufe ich halt quasi automatisch was und irgendwie habe ich da diese Woche jedes Mal etwas mehr gefunden als sonst, was mich interessiert und dann hat sich das so aufsummiert. Bisschen bekloppt. Aber was solls. Spätestens nächste Woche ist langes Wochenende und geiles Wetter und da werde ich nunmal das Eine oder Andere Bier trinken.

Der Punkt ist aber: Mir ist einfach die Decke auf den Kopf gefallen, deswegen bin ich eben drei Mal los gefahren, statt nur einmal (und selbst das eine Mal wäre gar nicht zwingend nötig gewesen).

So ähnlich wie mir scheint es aber allen zu gehen. Es normalisiert sich. Ja, wir müssen uns immer noch diesen Lappen vors Gesicht schnallen und der erinnert uns zuverlässig daran, dass eigentlich doch nicht wieder alles normal ist. Das ist aber jedenfalls in meinem Alltag inzwischen auch schon das Einzige, woran ich es erkenne.

Streamingdienste beenden ihre – sowieso schon immer alberne – Datenrationierung. Klinikpersonal-Klatscher gibt es schon lange nicht mehr (als wäre der Job jetzt besser bezahlt oder sonstwie cooler geworden), immer mehr Geschäfte öffnen, Restaurants dürfen besucht werden, Sport darf wieder gemacht werden. Ich war höchst erfreut, als ich gestern einen Kassierer erwischt hatte, der immerhin schon auf diese albernen Schutzhandschuhe verzichtete, die ja in dem Sinn sowieso nie ein sinnvoller Schutz vor Infektionen waren, sondern noch mehr nur ein Showeffekt, als diese Masken.

Aber: Weiterhin lieber alles einzeln.

Beerdigungen wie die meiner Nachbarin, einer Person, die ich mein Leben lang recht gut gekannt habe, sind weiterhin auf 20 Personen limitiert. Wie hart ist das bitte? Die Angehörigen sind gezwungen, zusätzlich zu ihrer Trauer auch noch so einen Stuss zu bewerkstelligen, sich die 20 Personen auszusuchen, die sie gern bei der Trauerfeier dabei hätten. Das fühlt sich irgendwie pervers an.

Vor allem, wenn gleichzeitig dummes Zeug wie die Bundesliga in Ordnung sind (wenn der Trainer nicht grade Zahnpasta kaufen geht). Vor allem, wenn nunmal die verdammten Fallzahlen allmählich gegen Null gehen.

Die Feuerwehren bundesweit dürfen übrigens auch weiterhin nicht üben. Hinter diversen Prioritäten kann man wirklich dicke Fragezeichen setzen in diesen Tagen.

Den Leuten gehen so langsam auch die halbwegs sinnvollen Freizeitbeschäftigungen aus. Gestern habe ich einem Freund eines meiner selbstgebrauten Biere vorbeigebracht und traf ihn im Vorgarten. Da baut er jetzt, Kurzarbeit sei Dank, eine zweite Terrasse hin. Im Hause Filter ist mittlerweile der Keller aufgeräumt, entrümpelt und teilweise neu gestrichen. Gleiches gilt für Filters Dachboden, bis auf das Streichen. Es wurde zwei Mal Sperrmüll angemeldet und mehrfach zu irgendwelchen Deponien und Recyclingplätzen gefahren.

Mittlerweile habe ich gut 40 Liter Bier gebraut, auf Facebook die Winsener Bierfreunde gegründet und versuche mich jetzt an so Schabernack wie Knoblauch fermnetieren. Ich bin sicher, dass mir auch die nächsten 10 Wochen sozialer Isolation irgendwelche mehr oder weniger sinnvolle Zeitvertreibe einfallen werden. Das ist auch irgendwie okay. Aber kein Ersatz für ein normales Sozialleben.

Das Sozialleben beschränkt sich auf die immer noch wöchentlichen Bier-Video-Konferenzen. Was für ne Weile ganz lustig war, aber natürlich auch kein Ersatz ist. Heute Abend ab 20 Uhr gehts wieder los. Mal gucken, vielleicht spielen wir heute Mal was. So ein lustiges „Wer bin ich“-Ratespiel könnte man sicher gut machen. Und ansonsten eben nur ein paar gemütliche Bierchen zusammen trinken.

Bierchen habe ich ja ein paar da…