Oma hat beschlossen, dass sie ihren Gläserschrank gegen den einer Nachbarin tauschen will, die ins Heim geht. Die freut sich natürlich, dass das gute Stück nicht auf den Sperrmüll soll und Oma findet das Ding cool. Ich finde nicht ganz so cool, dass wir deswegen mindestens zu zweit das Gebäude betreten müssen, in dem sie lebt. Aber wie es aussieht, lässt sie sich das nicht ausreden.
Ansonsten ist zu beobachten, dass die anfängliche „Euphorie“ rund um Corona allmählich verfliegt. Damit meine ich dieses komische „wir haben uns alle lieb“-Getue, dass ich noch nie wirklich ernst nehmen mochte. Was wurde da teilweise über eine „Solidarität“ abgefeiert, als die Geschichte nur einige Tage in Gang war. Jeder nähte Masken, weil er Bock hatte, etwas zu tun. Wer heute Masken näht, der macht das mittlerweile, weil er die verdammten Dinger braucht. Damals wurde Klinikpersonal zu Helden erklärt – heute fliegt es teilweise aus Supermärkten, wenn es sich als Klinikpersonal zu erkennen gibt. Damals erzählte Dr. Drosten uns jeden Tag irgendwas über Corona, inzwischen nur noch zwei mal die Woche. Der wahnsinnig populäre Böhmermann-Schulz-Podcast ballerte jeden Tag eine Folge raus, aus diesem Modus geht man dort wieder raus. Ähnlich wie einige andere Podcasts, die ich höre. Was ich auch eigentlich ganz gut finde, weil ich langsam gar nicht mehr wusste, wann ich das alles noch hören soll (und einige Stunden Fest & Flauschig schiebe ich inzwischen auch vor mir her).
Insgesamt weicht der Neugier über die zwar beschissene aber zumindest interessante Situation mehr und mehr einem ziemlich deprimierenden Alltagstrott. Ich hab sowas anfangs schon geahnt und mich gefragt, wie lange wohl dieses absurde Hochgefühl anhalten wird, das mich zwar nicht gestört aber doch etwas verwundert hat. Und mittlerweile kann ich sagen: keine 7 Wochen.
Was echt bescheuert ist, weil ja der Koller aufgrund der Kontaktbeschränkungen eigentlich jetzt erst so richtig beginnt. Ein paar Wochen keine Leute treffen ist etwas, das mir jedenfalls immer mal wieder auch ohne Corona passiert. Wenn auch eher nicht 6-7 Wochen oder gar mehr am Stück. Aber es passiert und ist nicht so schlimm. Aber jetzt, so langsam aber sicher, fängt es an echt ätzend zu werden.
Und ich halte mich selbst für einen im Großen und Ganzen eher genügsamen, geduldigen Menschen. Wie mag es Leuten gehen, die anders ticken? Wie gehts Leuten mit kleinen Kindern?
Abgesehen davon kommt die Wirtschaft immer mehr in Schieflage. Und da reden wir inzwischen auch nicht mehr von kleinen Betrieben wie der Kneipe an der Ecke oder unseren Kinos und Restaurants, sondern so Buden wie der Lufthansa oder größeren Bäckereiketten.
Es kommen eine ganze Menge Entwicklungen zusammen, die nicht dafür sprechen, dass es noch lange so weitergehen kann, wie im Moment. Der Unmut wächst. Er wächst seit Wochen aber er wird sich mit jedem Arbeitsplatz, der am seidenen Faden hängt oder gar verloren geht, drastisch beschleunigen.
Politiker, die sowas versuchen, offen anzusprechen, werden teilweise hart angegangen. Sie würden mit dem Leben von Millionen Bürgern spielen und so weiter. Völlig überzogene Kritik natürlich – die die Kluft zwischen denen, die offensichtlich wenig bis gar nichts verloren haben und dies auch nicht erwarten und denen, die vor den Trümmern ihrer Existenz stehen, nur noch weiter vergrößert.
Die wachsende Hysterie auf beiden Seiten ist das, was mich am meisten ankotzt. Sie verunmöglicht jede sachliche Debatte und jeden zielgerichteten Dialog. Die Fraktion, die am liebsten die Regierung durch ein paar Virologen ersetzen würde versteht nicht, dass zur Rettung der Welt schon noch ein bisschen mehr gehört, als das Coronavirus um jeden noch so hohen Preis zu besiegen. Und die Fraktion „Corona ist nur ein Schnupfen“ rechnet einem jeden Tag aus, wie irrelevant 6000 Tote für die Gesamtstatistik sind und erklärt, warum Bill Gates ein Monster ist.
Eine hiesige Apotheke verkauft Einweg-Masken für 1,80 das Stück. Ein Supermarkt verkauft 20 für 25 Euro. Ich habe zugegebenermaßen keinen Schimmer, was die Dinger früher so gekostet haben mögen aber jedenfalls streiten sich die Leute im Internet, ob das jetzt jeweils Wucher ist oder nicht. Ich glaube, es ist teuer – aber wer sowas in der Apotheke kauft (wie mein Vater) ist selber schuld und für ein paar Euro mehr kann man auch einfach ein paar Stoffmasken kaufen, die man waschen und immer wieder benutzen kann, wenn man die albernen Preise für ein bisschen besseres Klopapier mit Gummiband nicht zahlen möchte.
Während vieles also immer beschissener wird, ist mir wieder mal eine Sache aufgefallen, die ich für eine positive Entwicklung halte. Die FNF, die „Friedrich Naumann Stiftung für die Freiheit“ hat mir einen Newsletter geschickt, in dem sie tonnenweise Veranstaltungen anbietet, die ich per Video verfolgen kann. Wirklich viel, mehrere jeden Tag. Ich habe mich in der Vergangenheit öfter mal darüber geärgert, dass man so vieles dieser Veranstaltungen einfach unmöglich mitbekommen kann, weil man dafür durch halb Deutschland fahren müsste. Corona macht, dass man theoretisch überall teilnehmen könnte und schon echt aussuchen muss, was man mitnehmen will und was nicht.
Ich habe mich heute dann für Star Trek: Deep Space 9 entschieden. Letztendlich ist es doch viel schöner, dass man so viele Möglichkeiten hat, als dass man sie unbedingt alle nutzen müsste. Aber ich glaube, da ist in der Vergangenheit sehr viel Potenzial verschenkt worden. Diese Stiftungs-Geschichten sind letztendlich maßgeblich steuerfinanziert und oft genug sind wirklich interessante Sachen dabei. Warum zur Hölle musste erst ein beschissenes Virus kommen, damit man dazu übergeht, sowas live zu streamen? Die dazu nötige Technik kostet ja seit geraumer Zeit einen Scheiß!
Ich hoffe, dass dieser Spirit bleibt. Ich selber habe ja noch nie verstanden, warum man das Internet nicht einfach nutzt, wo es doch nunmal da ist. Aber es freut mich ja, wenn sich diese Sichtweise mehr und mehr auch anderswo durchsetzt.
Was sonst noch passiert ist, ist Regen. Seit Wochen mal wieder in nennenswerter Menge. Und es soll wohl die nächsten Tage noch ne Weile so bleiben und immer wieder regnen. Das ist wahrscheinlich ganz gut, zumindest für die Landwirtschaft und die übrige Botanik.