Heute ist „Tag des Deutschen Bieres“. Der Anlass ist, dass am 23. April 1516 das sogenannte Reinheitsgebot proklamiert wurde.
Der NDR feiert das in einer aktuellen Kachel mit der enormen Vielfalt der deutscher Bierlandschaft. Das ist irgendwo berechtigt – aber trotzdem irgendwie verkehrt.
Würde man das „Vorläufigen Biergesetz“ – vulgo: „Reinheitsgebot“ – von 2005 durch eine halbwegs zeitgemäße Regelung ersetzen, gäbe es sogar noch viel mehr Vielfalt. Aktuell ist es so, dass man traditionelle Biere nur dann brauen darf, wenn man nachweisen kann, dass sie traditionell sind und die Genehmigung erfolgt dann durch die jeweilige Kreisverwaltung – wo man logischerweise darauf angewiesen ist, dass die Leute da überhaupt hinreichend Vorbildung über Bierkultur oder wenigstens Verständnis für diese haben. Insbesondere in Bayern scheitern viele kreative Biere genau hier – weshalb die dortigen Brauer dann gerne nach Tschechien zum Brauen gehen, was halt auch zeigt, wie sehr für die Tonne diese Regelung am Ende ist.
Ironischerweise werben vor allem die Groß- und Industriebrauer fleißig mit dem Aufdruck „Reinheitsgebot“, während sie neben unglaublich langweiligen, eintönigen Pilsbieren, die inzwischen blind verkostet selbst von sensorisch gebildeten Leuten kaum noch voneinander unterscheidbar sind – und es sind dann genau diese Industriebrauer, die die Supermärkte bundesweit mit immer alberneren Biermischgetränken vollmüllen, weil immer mehr Leute ihr „reines“ Bier einfach öde finden und verschmähen.
Dieses „reine“ Bier wird übrigens mit nicht besonders appetitlichen Filtermethoden gefiltert, weil die Industrie uns allen über Jahrzehnte eingetrichtert hat, dass nur ein schön transparentes Bier ein qualitativ hochwertiges Bier sei – aber die nötige Zeit für die natürliche Klärung, die hat man in der Industrie natürlich nicht, weil dann ja der Kasten nicht mehr für 5 oder 10 Euro, sondern eher 20 oder 40 Euro in den Laden müsste, eiderdaus!
Ja, Deutschland hat eine tolle Bierlandschaft. Aber dass man als Feiertag für diese Vielfalt ausgerechnet den Tag des sogenannten „Reinheitsgebotes“ nutzt, tut dann doch etwas weh. Und aus diesem Anlass dann auf die Vielfalt deutscher Bierkultur hinzuweisen, ist leider einfach falsch, denn das aktuelle „vorläufige Biergesetz“ behindert diese Vielfalt vor allem – und nützt ausgerechnet denen, die mit „Reinheit“ in Sachen Bierprodukten, am allerwenigsten am Hut haben.