ich möchte Sie herzlich bitten, bei der geplanten Urheberrechtsreform gegen den vorliegenden Entwurf zu stimmen. Die dort formulierten Regelungen sind nicht praktikabel.
Plattformbetreiber sollen nach diesen Vorschriften bereits beim Upload von urheberrechtlich geschütztem Material vor Veröffentlichung feststellen, ob es sich möglicherweise um eine illegale Veröffentlichung ohne Zustimmung des Urhebers handelt. Mal abgesehen davon, dass es eigentlich keinen Anlass für eine derartige Vorverurteilung gibt, ist dies schon rein praktisch unmöglich. Es würde bestenfalls sogenannte Uploadfilter voraussetzen, die es derzeit aber in der geforderten Marktreife ausschließlich ausgerechnet bei den beiden Internetgiganten Google und Facebook gibt. Das hieße, dass selbst kleine Plattformen sich dort Filtersoftware anmieten müssten, was die Marktmacht von Google und Facebook weiter stärkt, die Chancen, neue Plattformen überhaupt marktreif zu bekommen aber gleichzeitig drastisch verringert.
Die Alternative zu solchen Filtern der Firmen Google oder Facebook wäre, das Plattformbetreiber mit sämtlichen Inhalteanbietern der Welt vorab Verträge schließen, diese Inhalteanbieter sämtliche ihrer Werke prophylaktisch auf jeder noch so winzigen Plattform hinterlegen und diese dann automatisch und manuell abgleicht, ob es sich bei neuem Material auch wirklich nicht um das Material anderer Urheber handelt. Die Vorstellung, allein sämtliche Fotografen dieser Welt (das betrifft praktisch jeden Smartphoneeigentümer weltweit) dazu zu bewegen, regelmäßig sämtliche ihrer Werke auf tausenden kleinen Plattformen zwecks Abgleichs hochzuladen, ist natürlich völlig illusorisch, das wird so nicht funktionieren.
Der bekannte Medien-Rechtsanwald Christian Solmecke, der selbst eine derartige, kleine, nicht wirklich kommerziell erfolgreiche Plattform für Fotos betreibt, erklärt das in einem aktuellen Video sicherlich noch etwas besser als ich, wie Sie hier sehen können.
Falls Sie sich das komplette Video ansehen, werden Sie noch weitere Probleme kennenlernen, die es aus rechtlicher Sicht geben könnte. Sie werden auch feststellen, wie unterirdisch einige ihrer Kollegen für den aktuellen Reformentwurf teilweise argumentieren. Mir geht es jedoch hauptsächlich darum, Sie darauf aufmerksam zu machen, dass dieses geplante Gesetz so in der Form praktisch schlicht nicht umsetzbar ist, Urhebern keine Vorteile bringt (denn illegal veröffentliches Material muss ja auch heute schon nach Kenntnis der Plattform umgehend entfernt werden, was auch funktioniert), Google und Facebook noch weiter stärkt, europäischen Alternativen zu Plattformen für Foto, Video usw. den Marktzugang erschwert bis verunmöglicht und, im Fall von Solmeckes „piqs.de“, auch die Schließung bestehender Portale, obwohl dort keine Urheberrechtsverletzungen begangen werden, erwarten lässt.
Als aktives FDP-Mitglied, das sich seit knapp 20 Jahren in Orts- und Kreisverband im Vorstand engagiert und dementsprechend auch in diesem Jahr wieder Organisation und Durchführung der Wahlkämpfe zur Europawahl mit in die Hand nehmen und sich wochenlang ehrenamtlich an Infoständen den Fragen und auch der Kritik der Wähler stellen will, bitte ich Sie aber auch aus ganz persönlichen Gründen, diese Reform abzulehnen und auf Ihre Kollegen einzuwirken, dies ebenfalls zu tun.
Keiner unserer Wähler wird irgendeinen Vorteil davon haben. Viele werden Nachteile davon haben. Der europäischen Digitalwirtschaft werden erneut Knüppel zwischen die Beine geworfen, das US-Quasimonopol würde weiter gestärkt.
Bitte leisten Sie Ihren Beitrag zum kommenden Europawahlkampf der FDP und helfen Sie mit Ihrer Ablehnung dabei, die FDP in den Augen sämtlicher netzpolitisch interessierter Menschen weiterhin wählbar zu halten. Tragen Sie dazu bei, europäische Standorte für die Digitalwirtschaft attraktiv zu halten und neue Plattformen nicht von vornherein unmöglich zu machen.
Mit liberalen Grüßen
Jan Filter