Immer wieder machen bestimmte Gruppen (hier gerne: Berufsgruppen oder zumindest Gruppen, die bestimmte Berufsgruppen vertreten, zum Beispiel Gewerkschaften) auf Probleme aufmerksam. Lehrergewerkschaften sorgen sich um Gewalt an Schulen, Ärzteverbände rechnen uns vor, dass zu viele Kinder zu wenig Geld vom Staat erhalten, Wohlfahrtsverbände klagen über zu wenig Möglichkeiten der Unterstützung für Sozialhilfeempfänger in bestimmten Lebenslagen. Die naheliegendste Lösung für solche Probleme ist bei sowas für jeden klar erkennbar, dass mehr Geld fließen muss, optimalerweise an genau die Berufsgruppen, die besagtes Problem aufgedeckt haben. Im Regelfall handelt es sich dabei natürlich um Steuergeld, denn für anderes Geld schaltet man üblicherweise eher Werbespots im Fernsehen, anstatt mit ernster Miene betroffenheitsbeweisende Pressekonferenzen zu veranstalten.
Eine beliebte Begründung, warum hier unbedingt der Staat zur segensreichen Tat zu schreiten hat, lautet regelmäßig, dass “die [Lehrer/Ärzte/Erzieher/was auch immer] nicht der Reparaturbetrieb der Gesellschaft” seien. Was eine interessante Sicht der Dinge auf Seiten der Forderer offenbart, denn augenscheinlich
1. halten sie die Gesellschaft demnach für “kaputt” oder zumindest reparaturbedürftig, weil bei ihnen im Job irgendwas nicht so läuft, wie sie es sich wünschen würden;
2. glauben sie, dass man eine Gesellschaft reparieren könnte, wenn sie “kaputt” sei;
3. scheinen sie außerdem der Ansicht zu sein, dass eine solche Reparatur so dringend erforderlich ist, dass es nicht genügt, wenn Leute (aus jener ihnen vermeintlich so am Herzen liegenden Gesellschaft) von sich aus besagte Probleme erkennen und von sich aus beheben, sondern dass man alle zum Mitmachen zwingen muss (das tut man immer, wenn man etwas mit Steuern finanziert), damit das mit der Reparatur funktioniert;
4. ist “die Gesellschaft” für sie keine Ansammlung von Individuen mit Millionen unterschiedlichen und sich dann und wann auch mal widersprechenden Interessen, Zielen, Prioritäten und Wünschen, sondern eine von sich aus homogene Masse oder eine als solche zu behandelnde, deren Interessen und Ziele normalerweise von einer vordenkenden Elite definiert werden müssen und der man manchmal auch einen kleinen oder großen Schubs geben muss, damit ihre Wünsche und Prioritäten sich in vorgesehenen Weise entwickeln.
Sie halten natürlich die Politik dabei für das zu nutzende Allzweckwerkzeug im Reparaturbetrieb und nutzen sie, um ihre Vorstellungen von Gesellschaft in die Tat umzusetzen. Praktischerweise geht das nur mit ihrer eigenen Hilfe. Wie unentbehrlich sie auf einem bestimmten Gebiet sind, haben sie ja schließlich bereits damit bewiesen, dass sie als Einzige das genannte Problem überhaupt wahrgenommen und kraft ihrer wohlmeinenden Autorität in “die Gesellschaft” getragen haben.
Daraus folgt: Hinter der vorgeblichen Mahnung, man sei nicht jener “Reparaturbetrieb” verbirgt in der Regel nichts weiter als der Wunsch, dass man nur zu gerne dazu bereit wäre, diese hehre Aufgabe zu übernehmen. Gegen entsprechende, vorzugsweise höhere (weil man hat ja eine besonders große Verantwortung und so) Bezahlung, versteht sich.