Bei den Faslamsumzügen Anfang dieses Jahres gab es viel Unmut, da die Polizei plötzlich begonnen hatte, übergenau die Einhaltung der Straßenverkehrsordnung bei Faslamsumzügen zu prüfen.
Dazu muss man zum Hintergrund vielleicht wissen, dass die Umzüge tatsächlich nach den ganz normalen Regeln der Straßenverkehrsordnung beurteilt werden. Ein Umstand, der naheliegenderweise in dieser Klarheit weder den Zuschauern noch den Veranstaltern oder den Teilnehmern jemals klar war, weil er, wenn man nicht juristisch entsprechend bewandert ist, völlig abwegig ist.
Warum ist das so? Dem Vernehmen nach ist das so, weil die Straßen nicht zu hundert Prozent gesperrt sind, es können ja noch Fußgänger und Radfahrer durch, ohne explizit darauf aufmerksam gemacht zu werden, dass diese öffentliche Straße gerade ein von einem Brauchtumsumzug genutztes Gebiet ist.
Das führt zu verschiedenen Dingen, die berücksichtigt werden wollen, so in dieser Form aber weder von der Polizei noch von anderen Behörden jemals in der weit über 100-jährigen aber nie auch nur angesprochen worden waren:
- Radkästen müssen verdeckt sein – ausgerechnet fest gebaute Gastwagen mit hohem Rundum-Geländer, ohne ansatzweise riskante Aufbauten dürfen eigentlich nicht mitfahren, weil die Reifen jemanden gefährden könnten. Dass die Reifen der Trecker, die ein Vielfaches größer sind und völlig ungeschützt rollen, jedes Jahr kleine Kinder erwischen würden, würden da zumindest in den Innenstädten nicht Feuerwehrleute nebenherlaufen und den Job der Eltern erledigen, spielt aus Sicht der Straßenverkehrsordnung keine Rolle.
- Es gelten Maximalhöhen laut Straßenverkehrsordnung. Die gelten auch, wenn entlang der gesamten Umzugsstrecke keine Ampeln oder andere Hindernisse zu finden sind, die diese Maximalhöhe rechtfertigen würden.
- Selbstgebaute Anhänger, die teilweise seit Jahrzehnten faktisch sicher im Einsatz sind und technisch nie ein Problem waren, dürfen laut Straßenverkehrsordnung nicht Teil eines Umzugs sein. Wir reden über superstabile, geschweißte Stahl-Konstruktionen, die rein technisch in der Regel wesentlich sicherer sein dürften, als viele uralte aber täglich von Landwirten ohne jede Absicherung durch Polizei im normalen Straßenverkehr eingesetzte Anhänger. Der Unterschied ist lediglich, dass letztere eine ordentliche Betriebserlaubnis besitzen, die ein Eigenbau niemals erhalten könnte, egal, wie stabil er gebaut ist.
- Mitfahren auf landwirtschaftlichen Fahrzeugen ist unabhängig davon eigentlich übrigens nur auf den Ladeflächen erlaubt. Ob es als „Ladefläche“ auch dann noch gilt, wenn da zwei, drei Europaletten draufgeschraubt sind, ist bestenfalls rechtlich schwammig definiert und möchte man auf Nummer sicher gehen, bleibt der Anhänger am besten unbebaut.
Wenn man sich das so anschaut und in seinem Leben schonmal irgendeinen Faslamsumzug gesehen hat, kann man eigentlich nur zu dem Ergebnis kommen, dass kein Faslamsumzug jemals all diese Punkte eingehalten hat. Ich gehe noch einen Schritt weiter und behaupte, dass Faslamsumzüge, wie wir sie in der Stadt Winsen und dem übrigen Landkreis kennen und lieben, mit dieser Straßenverkehrsordnung absolut nicht zu vereinbaren sind. Die Behörden haben das ermöglicht, weil sie alle Augen zugedrückt haben. Was man ihnen hoch anrechnen muss – aber an den rechtlichen Tatsachen ändert das nichts.
Aktuell wird versucht, diesen Spagat weiterzuführen. Man achtet auf wesentlich mehr Dinge viel genauer. Trotzdem wird es auch künftig nicht möglich sein, unter konsequenter Einhaltung der Straßenverkehrsordnung Faslamsumzüge zu veranstalten, wenn man sich da ehrlich macht.
Mein Fazit aus der ganzen Scheiße: Da es unrealistisch ist, dass die Straßenverkehrsordnung gemäß unseres sehr lokalen Brauchtums angepasst wird, wird es über kurz oder lang nur über eine vollständige Sperrung der Umzugsgebiete gehen können. Das nervt dann Teilnehmer, Veranstalter, Behörden und auch Publikum (das dann vermutlich Eintritt zahlen müsste) gleichermaßen, natürlich auch den bisher problemlos zu handhabenden Durchgangsverkehr an Fu´gängern und Radfahrern (Autos werden natürlich jetzt schon nicht durchgelassen, auch wenn das vor ca. 20 Jahren auch noch anders aussah).
Aber auf der anderen Seite ist es auch kein Zustand, dass Behörden einerseits gezwungen sind, konsequent wegzuschauen und andererseits alle Teilnehmer (die das natürlich ehrenamtlich machen und unter Einsatz erheblicher eigener Kosten und auch einem offensichtlichem Zeiteinsatz) potenziell mit einem Bein im Knast stehen, während sie eigentlich nur ihre Mitmenschen mit einem fröhlichen, bunten Umzug beglücken möchten.