Letzte Woche war ich auf Helgoland. Ich war dienstlich da aber der Dienst bestand hauptsächlich darin, die Insel zu erkunden und möglichst viele reiseprospekttaugliche Fotos zu machen. Was bei dem hervorragenden Wetter auch nicht besonders schwierig war. Jedenfalls fühlte es sich unerheblich anders an als eine normale touristische Tour aber da es ja die Vorbereitung einer solchen war, war das eigentlich auch genau richtig.
Zuletzt war ich als Kind auf Helgoland. Ich erinnere mich schemenhaft an ein paar rote Felsen in der Nordsee, hauptsächlich dreht sich meine Erinnerung aber um die reichlich anstrengende Reise dorthin. Denn die Insel schimpft sich Deutschlands einzige Hochseeinsel und Hochsee bedeutet halt, dass es da schon mal gehörig schaukeln kann. Klein Filter war damals jedenfalls die halbe Fahrt am Kotzen – obwohl eigentlich schon immer der Seefahrt verbunden und auch als Kind schon häufiger auf weiteren Schiffstouren gewesen. Nur eben nicht auf wirklich hoher und nicht mehr ganz so ruhiger See…
Nun, die alten Kähne, die mich damals auf die Insel gebracht haben, die gibts immer noch. Ich habe sie jedenfalls im Hafen ankern sehen. Das sind die Dinger, von denen man mit kleinen Booten abgeholt und auf der Insel angelandet wird. Was natürlich seinen ganz eigenen Style hat, nur wie gesagt: Bei ein wenig Seegang schaukelt es auf den Schiffen schon ganz ordentlich.
Mich brachte aber der „Halunder Jet“ auf den Felsen. Was die vielleicht uncoolere aber doch viel komfortablere Methode ist. Es handelt sich dabei um einen Katamaran, der direkt von Hamburg aus in ca. 3 Stunden direkt an der Hafenmole auf Helgoland anlegt. Davor klappert er noch Wedel (direkt am Schulauer Fährhaus, dem „Willkomm-Höft“) und Cuxhaven ab. Das Ding ist also flott unterwegs. Seine 35 Knoten Spitzengeschwindigkeit kann er dabei in der Elbe nicht mal richtig ausfahren, weil, wie wir Sportbootkapitäne wissen, in Hafennähe „Sog und Wellenschlag“ zu vermeiden ist. Und zwischen Hamburg und der Elbmündung gibt es eben eine ganze Reihe weiterer Häfen.
Die See war ruhig, so dass mir der direkte Vergleich zu den Oldschool-Schiffen fehlt. Allerdings bilde ich mir trotzdem ein, dass das Schiff wirklich sehr ruhig lag, auch eben auf hoher See hinter Cuxhaven.
Während der Reise hat man viel Zeit, sich schon mal ein bisschen mit der Insel zu beschäftigen. Es liegt ein kostenloses „Bordbuch“ aus, in dem man nicht nur haufenweise technische Daten zum Schiff findet, sondern auch viele Informationen über Helgoland – und übrigens auch viele andere Orte entlang der Route. An Bord bekommt man auf Wunsch leckere Fischbrötchen und andere Snacks zu fairen Preisen. Also fair, wenn man bedenkt, dass man an Bord eines Schiffes ist und Alternativen fehlen – aber teurer ist das Fischbrötchen in Hamburg an den Landungsbrücken auch nicht. Die Bedienung findet am Tisch statt, was ich etwas störend fand. Denn ich wollte mir eigentlich mein Matjesbrötchen schnappen und es an Deck essen, musste so aber warten, bis ich dann endlich auch mal dran war. Aber seis drum: Zeit genug um an Deck zu sein und haufenweise Fotos zu schießen oder sich einfach den Fahrtwind um die Nase wehen zu lassen, hat man ja trotzdem noch.
Wobei anzumerken ist, dass der interessanteste Abschnitt der Fahrt schon der in der Elbe ist. Der Hamburger Hafen, die Airbus-Werft in Finkenwerder, der Verkehr auf dem Wasser, der ja nicht nur aus ene beeindruckenden großen Containerschiffen besteht, an denen man sonst auch nicht so dicht vorbei kommt, sondern auch aus zahllosen Linienschiffen und Fähren, Museumsschiffen und verschiedenen Freizeitbooten. Dann kommt man an Orten wie Stade mit seinem Chemihafen, dem schon genannten Willkomm-Höft, viel Natur und schließlich auch Cuxhaven vorbei.
Auf Hoher See gab es hingegen nicht allzuviel zu sehen. Die Zeit habe ich für ein kurzes Nickerchen genutzt, was in den bequemen Sitzen des Halunder Jets auch problemlos geht.
Gegen Mittag landete der Katamaran also im Hafen von Helgoland. Man geht von Bord, wie man an Bord gekommen ist: Über eine kurze Gangway und dann steht man schon mitten im Hafen. Man geht ein paar Meter und schon sieht man die ersten dieser bunten Krabbenbuden, in denen heute alles Mögliche zu finden ist, nur keine Krabben. Aber nett sehen sie trotzdem aus.
Mein Weg führte mich als erstes auf einen kurzen Rundweg. Den man eigentlich machen muss, wenn man da ist. Das bedeutet, dass man per Lift oder über die Treppe (ich entschied mich für die Treppe) hoch aufs Oberland geht und von dort dann entweder an der Küste entlang oder etwas mehr durchs „Binnenland“ (wenn man davon sprechen kann bei einer so kleinen Insel) in Richtung der Klippen. Ich nahm den Weg durch die Kleingärten, was eine sehr witzige Erfahrung war. Helgoland hat wirklich eine Kleingartenkolonie und die Leute ackern dort richtig, bauen also hauptsächlich ihr eigenes Gemüse an. Kleingarten mit Meerblick, so etwas hatte ich auch noch nicht gesehen.
Auf dem Pfad begegnen einem immer wieder so kleine Pyramiden, die etwa einen halben Meter hoch sind und an drei ihrer vier Seiten Informationen entweder zur Geschichte der Insel oder zur Vogel- und Pflanzenwelt dort bereithalten. Gerade die Geschichte der Insel ist ja tatsächlich interessant: Sie war lange britische Kronkolonie, diente während der napoleonischen Kontinentalsperre und auch zu anderen Gelegenheiten beliebte Drehscheibe für den Seeschmuggel, vor ihrer Küste fanden diverse wichtige Schlachten statt und nach dem Zweiten Weltkrieg versuchten die Briten die Insel sogar vergebens komplett mit Bomben zu zerstören, wovon der mit Bombentrichtern übersähte Nordteil des Oberlandes noch heute eindrucksvoll kündet.
Man kommt dann irgendwann direkt auf die typischen roten Klippen zu, für die Helgoland so berühmt ist. Anfang Mai ist Brutzeit für verschiedene Vogelarten. Eine der Info-Pyramiden erklärte mir noch, dass jedes Jahr um die 10.000 Vögel dort brüten würden. Die waren wohl noch nicht ganz da aber es war schon beeindruckend, wie viele Vögel an und auf den Klippen saßen und immer wieder herumflatterten. Neben den Touristen fanden sich da deswegen auch viele Naturfotografen und sonstige Vogelfreunde ein.
Man marschiert an einer Klippe nach der anderen vorbei und eine sieht auch spektakulärer aus als die andere. Fast wie eine Dramaturgie. Bis dann am Ende der beeindruckstenste Felsen kommt, nämlich die berühmte „Lange Anna“ an der Spitze der Insel.
Auf dem Rückweg kam ich dann noch an einigen seefahrerischen und militärischen Anlagen vorbei. Gigantische Antennen und Radaranlagen, die zeigen, dass Helgoland seine strategische Lage für Seefahrt und Miltitär immer noch nicht ganz eingebüßt hat.
In der Gegenrichtung von dort oben hat man dann auch einen Blick bis in den Hafen am anderen Ende der Insel, wo man zum Beispiel den Halunder Jet liegen sehen kann. Hier wird einem klar, wie klein die Insel eigentlich wirklich ist.
Beim Abstieg ins Unterland ging es dann noch ein wenig durch den Ort, auch etwas abseits der normalen Touristenpfade. Und hier hat man dann fast den Eindruck in einer normalen norddeutschen Kleinstadt zu sein. Fast – denn Autos fehlen fast komplett. Die wenigen, die es gibt sind wie es scheint durchweg Elektroautos und alle dienten einer bestimmten Aufgabe, zum Beispiel Gepäckwagen, Taxi und auch die Polizei soll elektrisch unterwegs sein. Als Normalbürger braucht und will man auf Helgoland vermutlich kein Auto haben. Man kann ja sowieso nirgendwo hinfahren, wo man nicht auch innerhalb von 15 Minuten zu Fuß sein kann.
In einem der den Hotels am Hafen angegliederten Restaurants aß ich einen Flammkuchen und trank ein Bier dazu, eigentlich diente diese kurze Pause aber auch dazu, nach dem Gewaltmarsch um die Insel (wenn man ordentlich was sehen will in der am Ende doch recht knappen Zeit bis zur Rückfahrt) ein bisschen zu verschnaufen und dabei einfach mal dem Treiben im Hafen zuzusehen. Zum Beispiel kann man dabei zusehen, wie Touristen zu ihren Schiffen in den lustigen kleinen Booten zurückgefahren werden.
Anschließend checkte ich noch ein paar der vielen Schnapsläden. Helgoland liegt ja außerhalb des deutschen Zollgebietes und auch Mehrwertsteuer kennt man dort nicht. Theoretisch kann man hier, zumindest bei Alkohol, wohl richtig Geld sparen. Praktisch verkaufen die aber sowieso nur so teures Zeug, das ich auch hier nicht kaufen würde. Schön, wenn der Whisky, der hier vielleicht 70 Euro kostet, dort für 50 oder 60 zu haben ist aber für mich, der mir nunmal auch der für 20 Euro bestens schmeckt, dann doch irgendwie kein passendes Angebot. Ich kaufte mir einfach nur ein Eis am Stiel und lief dann noch ein bisschen herum.
Und dann war die Zeit eigentlich auch schon fast wieder um. Die Zeit reicht also ganz gut für einen Rundgang (bei dem man nicht trödeln darf) und einen kleinen Snack. Eng wird es aber, wenn man sich das Museum der Insel, den Bunker oder gar „Düne“, die benachbarte Strandinsel ansehen will. Beides hebe ich mir für einen nächsten, vielleicht längeren Besuch auf Helgoland auf. Aber auch so ein Kurztrip ist definitiv eine Reise und auch sein Geld wert.
Achso, Geld: Die Fahrt kostete etwas über 70 Euro, hin und zurück. War allerdings Nebensaison, in der Woche und kein Fensterplatz. Ersteres muss halt passen, letzteres kann man guten Gewissens so buchen, denn die Fenster sind groß genug und man sieht auch von den „billigen Plätzen“ aus genug von draußen. Und wem das nicht reicht, der geht eben raus an Deck, wo der Blick sowieso viel besser ist.