Die Seevetaler FDP hat mich eingeladen, das Freifunk-Konzept vorzustellen und zu erklären, wie wir in Winsen vorgegangen sind, um es dort mit Unterstützung der Stadtverwaltung an städtischen Gebäuden und zur Versorgung der Innenstadt mit einem freien, offenen Netz zu installieren. Der Winsener Rat hatte in seinen aktuellen Haushalt 5000 Euro und für 2020 noch einmal 3000 Euro für dieses Projekt eingestellt, beantragt hatten das CDU und FDP zunächst unabhängig voneinander, die beiden Anträge wurden dann zusammengefasst und noch einmal gemeinsam gestellt – und im vergangenen Dezember schließlich einstimmig beschlossen.
Für die FDP hatte ich das Ganze ins Rollen gebracht und einen entsprechenden Antrag verfasst. Ich habe mich nach dem Ratsbeschluss im Dezember nicht mehr weiter darum gekümmert, weil es ja an sich damit hinreichend angeleiert ist und nun im Lauf des Jahres umgesetzt wird.
Zur Vorbereitung meines kleinen Vortrags Ende Februar hab ich dann aber doch noch mal geguckt, wie eigentlich die Beschlüsse und Vorlagen so aussehen. Dabei bin ich auf so eine Art Machbarkeitsanalyse der Verwaltung gestoßen, die das Projekt grundsätzlich positiv bewertet, jedoch einige seltsame Bemerkungen enthält. Besonders interessant finde ich folgende Passage:
„Komplexere Szenarien (z.B. Fähranleger in Hoopte) erfordern spezielle Hardware, die mit der Freifunk-Software nicht kompatibel ist. Flächendeckende Freifunk-WLANs, wie im Antrag gefordert, erscheinen damit unrealistisch, da hierfür sehr viele Knoten nötig wären.“
Aus der Stellungnahme der Verwaltung der Stadt Winsen zum Antrag Freies WLAN – Antrag der Gruppe FDP / Sarikaya vom 19.11.2018 und Antrag der Gruppe CDU / Winsener Liste / Waldau vom 21.11.2018
Nun kenne ich natürlich den Fähranleger vor meiner Haustür ganz gut, gleichzeitig war ich es ja nunmal, der den stadtweit ersten Freifunk-Knoten überhaupt aufgestellt hatte – und kurz darauf zwei weitere, einer davon bildet eine Richtfunkstrecke zum gegenüberliegenden Clubheim und sorgt dafür, dass man seither auch dort sein Handy benutzen kann, denn mobiles Netz allein schafft es wenig bis gar nicht, da brauchbar rein zu gelangen.
Das Clubheim liegt zwar direkt gegenüber, allerdings hinter einer Kurve und hinter einem Parkplatz. Es sind also ein paar Meter. In meiner Küche steht ein weiterer ganz normaler Knoten aber schon der sendet, da weder Bäume noch Gebäude dazwischen liegen, bis zum Parkplatz. Dort zwar nicht mehr all zu stark aber das Signal reicht bis dorthin. Die Richtfunkstrecke, die von unter dem Dach meines Wohnhauses direkt aufs Clubheim gerichtet ist, verstärkt dieses Netz allerdings so sehr, dass man es auch dort, ca. 90 Meter entfernt nutzen kann. Im Clubheim selbst steht ein weiterer Freifunk-Router, der das Signal im Gebäude selbst weiter verteilt. Mit noch einem weiteren Router im Inneren, der auch angedacht ist, kann man das komplette Gebäude vernünftig versorgen, der Richtfunk von der anderen Straßenseite sorgt dabei zusätzlich dafür, dass Teile des Sportplatzes und der gelegentlich auch als Festplatz genutzte Parkplatz komplett mit freiem Netz erschlossen werden. Und alles zwischen Clubheim und meinem Wohnhaus ohnehin.
Wie gesagt: Diese Installation war eigentlich stadtweit die erste, was Freifunk betrifft. Natürlich ist es Unsinn, allein mittels städtischer Gebäude die ganze Innenstadt auf diese Weise versorgen zu wollen. So war der Antrag – jedenfalls von meiner Seite – aber auch nicht gemeint. Wenn allerdings möglichst viele Läden, Lokale und vielleicht auch Privatleute in der Innenstadt sich ein oder zwei Freifunk-Router ins Fenster stellen, dann kann die Mesh-Technologie des Freifunks unter dem Strich eben sehr wohl für ein innenstadtweites freies Netz sorgen. Größere Plätze wie der Schlossplatz sollten sich problemlos mit zwei bis drei Richtfunkstrecken, wie ich eins unter dem Dach installiert habe, erschließen lassen und dort gibt es dazu auch genügend städtische Gebäude ringsherum.
Und natürlich ließe sich auch der beispielhaft genannte Fähranleger gut versorgen. Der ist nämlich – ich habs auf der Karte mal nachgemessen – viel kleiner, als die Strecke, die ich hier am Sportplatz aufgebaut habe. Am Eingang zum Fähranleger ist eine Fahrradlade-Station, auf der sich eine solche Richtfunkantenne installieren ließe, wenn man wenigstens bis dorthin irgendwie Internet verlegt kriegt (falls da nicht sowieso schon irgendwas ist, wer weiß?). Den Fährimbiss-Betreiber wird man dann relativ einfach überredet kriegen, sich dort einen weiteren Router aufzustellen, der das Signal vom anderen Ende des Fähranlegers aufnimmt und dort weiter verteilt. Man wird sicher nicht erreichen, dass anschließend zwanzig Leute dort parallel Netflix gucken können – aber man wird ein für normale Zwecke brauchbares Netz aufgebaut bekommen.
Richtig ist, dass nicht jede Hardware mit Freifunk kompatibel ist sondern nur die, für die es eben derzeit eine Firmware gibt. Und es ist vermutlich auch nicht unbedingt sinnvoll, Geld in die Entwicklung weiterer Firmwares zu diesem Zweck zu stecken. Es ist aber eben nicht so, dass Freifunk derzeit nur mit stinknormalen Routern ginge, sondern es gibt schon auch noch ein paar Geräte für speziellere Zwecke, eben für Richtfunk über gewisse Strecken. Den Beweis, dass das funktioniert habe ich selber unter dem Dach hängen.
Warum diese technische Einschätzung seitens der Stadtverwaltung mir eigentlich aber auch egal ist? Weil der Beschluss des Rates natürlich vorsieht, den fabelhaften Freifunk Nordheide e.V. um die konkrete technische Umsetzung zu bitten. Und die wissen noch mal sehr viel besser als ich, was wirklich geht und was man dazu machen muss. Das wird ne coole Sache.