Die Zahlen steigen. Und zwar bundesweit in allen Ländern außer Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern.
Das Ganze noch nicht auf einem Niveau, dass man jetzt von einer zweiten Welle sprechen würde.
Aber gestern gab es über 900 Neuinfektionen und das ist dann einfach mal die höchste Zahl seit dem 9. Mai. Da waren es allerdings 1251 Fälle, also noch mal deutlich mehr.
Was allerdings zur Wahrheit auch dazu gehört ist, dass immer mehr Tests gemacht werden. In der letzten Woche waren es zum Beispiel 563.000 und das sind so viele, wie nie zuvor. Zum Vergleich: In Kalenderwoche 14, Ende März / Anfang April, also in der Zeit, in der die Fallzahlen dramatischer angestiegen sind, als jemals danach, waren es 408.000, also ein gutes Drittel weniger. Anfang Juni, als es auch bei uns im Landkreis einen Tiefstand gab, waren es so wenige Tests wie nie mit 324.000.
Und es sind eben auch 160.000 Tests (oder ein deutlich aufgerundetes Drittel) mehr, als in Kalenderwoche 19, als man auf ähnlich hohe Fallzahlen mit deutlich weniger Tests kam.
Bei so starken Schwankungen bei der Zahl der Tests kann es nicht verwundern, dass auch die Fallzahlen da irgendwo mitschwanken.
Keine Ahnung, wie dieser Effekt seriös einzurechnen wäre, wird aber jedenfalls in den öffentlichen Zahlen auch einfach überhaupt nicht getan. Vielleicht, weil es einfach nicht möglich ist, vielleicht auch, weil das eigentlich auch keine Rolle für die Pandemiebekämpfung an sich spielt.
Aber für die öffentliche Wahrnehmung würde es schon eine Rolle spielen. Denn eben aufgrund dieser Fallzahlen wird jetzt so getan, als stünde der nächste Lockdown unmittelbar vor der Tür. Weil die Situation sich eben als die seit Wochen dramatischste darstellen lässt, auch wenn sie in Wirklichkeit womöglich gar nicht so dramatisch ist.
Gleichzeitig wurde diese Woche übrigens bekannt gegeben, dass die Corona-Diagnosezentren im Landkreis zum 31. Juli (also heute) geschlossen werden. Wie auch immer das in diesem Kontext einzuordnen ist.
Meine persönliche Meinung? Ja, das Theater um den aktuellen Anstieg ist aufgebauscht. Aber eben auch nicht bloß eingebildet. Man wird sich einfach die nächsten Tage, insbesondere die kommende Woche angucken müssen. Es gehen jetzt in den ersten Ländern die Ferien zuende und sofern die Anstiege, die es durchaus gibt, auch wenn sie weniger dramatisch sein dürften, als dargestellt, damit zurückgehen, ist ja alles wie bisher.
Gleichzeitig soll allerdings auch der Regelschulbetrieb überall wieder aufgenommen werden. Das ist sowas, an das ich ehrlich gesagt überhaupt nicht glaube aber das wird sich dann wohl schnell zeigen. In dieser Hinsicht ist es ja wirklich gut, dass die Ferien länderspezifisch enden, so dass die schnelleren das einfach schonmal ausprobieren können. Unter dem Strich macht es mich allerdings immer noch fassungslos, dass es den Kultusministern auch nach so langen Monaten nicht gelungen ist, tragfähige Alternativen zum Regelschulbetrieb mit Präsenz vor Ort zu schaffen. Es drängt sich der Verdacht auf, dass das auch einfach nicht gewollt ist, weil die Eltern darauf keinen Bock haben (was nach dem Chaos im ersten Schulhalbjahr verständlich ist) und weil sie an ihrer heiligen Schulpflicht, die ja nunmal letztlich eine Schulpräsenzpflicht ist, festhalten wollen, statt diese endlich mal dahingehend aufzubohren, dass sinnvolle Fernschulkonzepte sich überhaupt mal entfalten könnten.
Fazit: Nachdem der Sommer coronatechnisch weitgehend Business as usual war, könnte es jetzt für einen Moment dann doch noch mal interessanter werden.
Und bei alldem dürfen wir immer noch nicht vergessen, wie viel besser die ganze Situation hierzulande doch ist. Im Jammern auf hohem Niveau sind die Deutschen absolute Weltspitze.
Werfen wir zuletzt noch einen kurzer Blick auf das aktuelle Infektionsgeschehen im Landkreis. Es hat in dieser 20. Corona-Woche einen kurzen und drastischen Rückgang gegeben, gefolgt von einem weiteren Schub.
Das „Pendel“ der letzten Wochen scheint ein wenig aus dem Takt. Aber vielleicht schlägt es auch einfach nur ferien- und testzahlbedingt etwas mehr aus als sonst. Das wird sich alles noch zeigen.