Schlechte EU-Idee #54651657: Uploadfilter

Europa ist eine wunderbare Idee und faszinierende Vision. Und deswegen zerreißt es einem als überzeugten Europäer regelmäßig das Herz, wenn Idee und Vision immer wieder durch völlig verrückte Gesetzesvorhaben gefährdet werden. Zuletzt „glänzte“ man mit einem überbordenen Datenschutzwahnsinn oder dem Verbot von Plastikbestecken, die sowieso nie in asiatischen Meeren landen, womit dieses Verbot allerdings begründet wurde…

Der nächste Knüller: Uploadfilter!

Kurz gesagt sollen Plattformen keine urheberrechtlich problematischen Inhalte mehr veröffentlichen dürfen. Dürfen sie auch heute schon nicht, passiert das trotzdem, muss eben gelöscht werden. Der EU-Vorstoß zielt aber darauf ab, dass gar nicht erst veröffentlicht werden darf, die Plattformen also schon vor Veröffentlichung prüfen müssen, ob hier Urheberrecht verletzt wird.

Problem dabei? Das Ganze ist genau so aufwendig wie es klingt und dürfte insbesondere bei großen Plattformen höchstens durch den Einsatz entsprechender Algorithmen zu realisieren sein. Von denen niemand weiß, wie sie funktionieren und die, um rechtliche Scherereien zu vermeiden, natürlich wesentlich mehr Inhalte zensieren werden, als eigentlich vom Gesetz her sinnvoll und nötig wäre. Parallelen zum unsäglichen „NetzDG“ drängen sich geradezu auf.

Das gilt für alle Inhalte, also Texte, Bilder, Videos, Sounddaten. Ein echtes Problem wird das für Plattformen wie Wikipedia, Tinder, WordPress.com (und eigentlich alle anderen Blogportale) oder Tripadvisor werden – denn die alle leben von User-generated-Content und genau der wird mit diesem Vorhaben erschwert bis verunmöglicht.

Das eine so weitgehende Kontrolle über Inhalte Unsinn ist und viel zu weit geht, sieht übrigens sogar die Bundesregierung so. Der aktuelle Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD enthält nämlich interessanterweise und ungewohnt vorausschauend den folgenden Satz zu Uploadfiltern:

„Eine Verpflichtung von Plattformen zum Einsatz von Upload-Filtern, um von Nutzern hochgeladene Inhalte nach urheberrechtsverletzenden Inhalten zu „filtern“, lehnen wir als unverhältnismäßig ab.“

Die Bundesregierung hat ebenfalls ungewohnt konsequent denn auch gegen das Vorhaben gestimmt, befand sich damit aber unter den Ministern in der Minderheit. Dessen ungeachtet sind in Brüssel vor allem unsere Freunde von der CDU mit wehenden Fahnen für diesen Unfug, allen voran Kommissar Oettinger, der die Internetzensur als „Digitalkommissar“ ohne einen Funken Ahnung maßgeblich vorbereitet hatte.

Derzeitige Erwartung der Stimmenverteilung zu Uploadfiltern und Leistungsschutzrecht im Europaparlament. Bild: Public Domain
Derzeitige Erwartung der Stimmenverteilung im Rechtsausschuss des EP zu Uploadfiltern und Leistungsschutzrecht. Bild: Public Domain

Übrigens: Das völlig beknackte Leistungsschutzrecht, das schon in Deutschland nicht hingehauen hat und auch in Spanien gescheitert ist und mit dem man sich sozusagen von Google dafür bezahlen lassen wollte, dass es einen verlinkt, also die eigene Reichweite steigert.

Ausführlich besprochen wird das Thema in der gestriegen Folge des Podcasts „Logbuch Netzpolitik“ ab Minute 15:40 (dieser Link bringt Dich direkt an die relevante Stelle).

Am 20. Juni bereits will der Rechtsausschuss des Europaparlamentes über den Entwurf abstimmen, das zu erwartende Ergebnis gibt das obige Bild wider.

Was man jetzt trotzdem noch tun kann? Steht hier. Im Wesentlichen gilt die Empfehlung, auf die entsprechenden Abgeordneten einzuwirken. Knapp genug ist es ja, im Prinzip müsste nur ein einziges Ausschussmitglied umgestimmt werden.