Sehr geehrte Kunden, vorerst nehmen wir die Biersorte Krombacher aus dem Programm. Krombacher kooperiert seit November 2017 mit der Firma Nestlé, die für ihre zweifelhafte Geschäftspolitik bekannt ist. Ich hoffe auf ihr Verständnis.
Axel Meyer, Esso Station Holm
Das Foto eines selbstgedruckten Plakates mit dieser Aufschrift geistert seit einigen Wochen durch die sozialen Medien. Normalerweise interessieren mich solche Wutbürgerposts nicht weiter. Aber in diesem Fall musste ich lachen: ausgerechnet Krombacher! Dem ich schon aufgrund seiner Durchschnittlichkeit und seiner Langweiligkeit wirklich von Herzen weniger Aufmerksamkeit wünschen würde, wird nun „Opfer“ einer absurden Boykottkampagne!
Über Nestlé mag man denken, wie man will. Ich halte diese ständigen Hasskampagnen für ziemlich albern und wirkungslos obendrein. Ich denke, dass Umweltprobleme grundsätzlich durch die Leute vor Ort gelöst gehören. Aber von mir aus kann man meinen, dass man Produkte von Nestlé lieber nicht kaufen will, das ist okay, wir sind ein freies Land.
Aber was genau ist nun der Vorwurf an Krombacher, dem man sein ödes Bier einfach so durchgehen lässt, eine nicht näher genannte „Kooperation“ aber nicht? Worin besteht diese Kooperation also?
Eine kurze Recherche bringt die Erkenntnis: Den Shitstorm ausgelöst hat allen Ernstes, dass Krombacher neuerdings den Vertrieb von Nestea übernommen hat, dem Eistee von Nestlé.
Statt dass also der besagte Tankstellenpächter einfach Nestea aus dem Programm nimmt (was ich persönlich, ähnlich wie Krombacher, auch nicht für den wahnsinnig großen Verlust hielte), ist Krombacher jetzt der Sündenbock.
Perfekt wird der Witz, wenn man sich klar macht, wer eigentlich vor Krombacher der Vertriebspartner von Nestlé für Nestea gewesen ist und gegen den nie ein derartiger Shitstorm veranstaltet wurde. Das war nämlich dieser kleine Brauseladen aus Amerika namens Coca Cola – und es glaubt wohl niemand, dass jemals irgendeine Tankstelle Coca Cola aus dem Programm genommen hätte, weil die irgendwann mal ne „Kooperation“ mit Nestlé eingegangen wären.
Witziges Detail dabei ist übrigens, dass die Wutbürger diesmal vergleichsweise spät Kenntnis von ihrem neuen Todfeind Krombacher erlangt haben. Denn der Shitstorm tobt erst seit dem Sommer, die Kooperation läuft aber bereits seit Jahresanfang und war, wie es ja der Zettel des überengagierten Tankwarts auch sagt, bereits im vergangen Jahr vereinbart worden.
Wie dem auch sei: Wer irgendwann in den letzten Jahren mal irgendein Getränk aus dem Hause Coca Cola, zu denen unter anderem Apollinaris und Vio gehören, gekauft hat und jetzt den Krombacherboykott abfeiert, ist ein Heuchler.
Und wer glaubt, Krombacher bestünde nur aus Krombacher Pilsener und meint, es würde reichen, eben dieses zu boykottieren, irrt. Denn aus dem Programm genommen werden müssten dann auch die Produkte Cab, Dr. Pepper, Schweppes, Orangina und Vitamalz.
Gemäß vermeintlich politisch-korrekter Paranoia einzukaufen ist vielleicht doch nicht ganz so einfach, wie gedacht.